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Franz Grillparzer, Wolfgang Zähle (Beteiligte)

Tagebücher


Mitarbeit: Zähle, Wolfgang
2. Aufl. 2014. 472 S. 190 mm
Verlag/Jahr: HOOF 2014
ISBN: 3-936345-39-2 (3936345392)
Neue ISBN: 978-3-936345-39-1 (9783936345391)

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Franz Grillparzer hat über sechzig Jahre hinweg, seit 1808, Tagebücher geschrieben. Überhaupt spielt das Autobiographische bei ihm eine sehr große Rolle. Im Nachlaß fand sich das umfangreiche Manuskript einer Selbstbiographie, die Grillparzer 1853 auf wieder- holtes Drängen der Österreichischen Akademie der Wissenschaften begonnen und bis ins Jahr 1836 geführt, aber offenbar niemals zu veröffentlichen beabsichtigt hatte. Diese autobiographischen Dokumente, vor allem aber die Tagebücher und die zu ihnen gehörigen Reisetagebücher, zählen zu den bedeutendsten Exempeln ihres Genres im neunzehnten Jahrhundert. Sie stehen in der Tradition von Goethes "Dichtung und Wahrheit" sowie der "Italienischen Reise" und neben den Tagebüchern seines Opponenten Friedrich Hebbel. Doch die Vergleichsmomente reichen sehr viel weiter. So ist die starke Beziehung zu Rousseaus berühmten "Bekenntnissen" nicht zu leugnen, und Grillparzer hat darauf 1822 selbst hingewiesen: "Ich lese Rousseaus Confessions und erschrecke, darin mich selbst zu sehen." Was das Tagebuch der 1819 unternommenen Italienreise angeht, so steht der Dichter in dem großen Strom derer, die in den Süden flohen, um ihre geistige Existenz wiederherzustellen, oder die in Mode kom- mende Bildungsreise antraten. Von Winckelmann über Herder und Goethe, Heinse und Karl Philipp Moritz, Tieck und August Wilhelm Schlegel, Seume, Rückert und Platen, Heine, Gutzkow und Laube, Hebbel, Conrad Ferdinand Meyer, Gregorovius und Nietzsche, Heyse und George, Dehmel und Hauptmann bis zu den Brüdern Mann, zu Ricarda Huch, Hofmannsthal und Rilke haben sie alle trotz ihrer unterschiedlichen, ja oft gegensätzlichen ästhetischen Doktrinen und literarischen Richtungen an dem Italienbild der deutschsprachigen Literatur mitgeschrieben.
Franz Grillparzer, 15.1.1791 Wien - 21.1.1872 ebd., Sohn eines Wiener Rechtsanwalts arbeitete nach Abschluss seines Jurastudiums (1807-11) zunächst als Privatlehrer, war dann Praktikant an der Hofbibliothek und hatte von 1813 an verschiedene Beamtenstellen inne (Hofkammer, Finanzministerium); von 1832 bis zu seiner Pensionierung als Hofrat 1856 amtierte er als Direktor des Hofkammerarchivs. 1816 lernte er Joseph Schreyvogel, den Direktor des Burgtheaters, kennen, der zu seinem wichtigsten Förderer wurde und 1817 ´Die Ahnfrau´, 1818 ´Sappho´ mit großem Erfolg aufführte. Nach dem Suizid seiner Mutter unternahm G. 1819 eine Italienreise; das nach seiner Rückkehr in einem Almanach 1821 veröffentlichte Romgedicht ´Campo vaccino´ brachte ihm mit der Gegenüberstellung von großer Vergangenheit und ´neuer, flacher Zeit´ den Ruf des Radikalismus ein und sorgte damit auch für künftige Zensurprobleme. Weitere Reisen führten ihn nach Deutschland (1826, 1847), Paris und London (1836) sowie Kons
tantinopel und Athen (1843). 1861 wurde er zum Mitglied des österreichischen Herrenhauses auf Lebenszeit ernannt. Nach dem Misserfolg seines Lustspiels ´Weh´ dem, der lügt!´ (UA 1838), zog sich G. vom Theater zurück; seine späten Stücke wurden erst postum veröffentlicht. G.s Dramatik verbindet Momente des spanischen Barocktheaters, der Wiener Theatertradition und der Weimarer Klassik, ohne die Spannungen zwischen zeitenthobener Ordnungsvorstellung und geschichtlicher Veränderung bzw. neuzeitlichem Subjektivismus verleugnen zu können. Er versuchte sich in den verschiedensten dramatischen Gattungen - Schicksalstragödie, Künstlerdrama, Besserungsstück, Traumspiel, Geschichtsdrama, Liebestragödie -, nahm deren Traditionen auf und erweiterte zugleich ihre Ausdrucksmöglichkeiten durch eine psychologisierende Charakterdarstellung und die Einbeziehung der Widersprüchlichkeit der Erfahrungen der Moderne. Gerade aus seinem Konservatismus heraus griff er die Degeneration des habsburgischen H
errscherhauses an, so wie er andererseits nach anfänglicher Bejahung der Revolution von 1848 durch diese den Zerfall des Staates durch separatistische Tendenzen befördert sah. Die Widersprüchlichkeit, die er sich selbst in seinen autobiographischen Schriften und Tagebüchern zuschrieb, und die Problematik der künstlerischen Existenz unter dem Regime Metternich reflektiert - vieldeutig - die Erzählung ´Der arme Spielmann´.