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Neuerscheinungen 2015

Stand: 2020-02-01
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Julia Steinborn

Der Geisterdiskurs des 18. Jahrhunderts: Spukerscheinungen in Literatur, Theologie, Philosophie und Theater


Erstauflage. 2015. 100 S. 220 mm
Verlag/Jahr: DIPLOMICA 2015
ISBN: 3-9593457-1-2 (3959345712)
Neue ISBN: 978-3-9593457-1-2 (9783959345712)

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Kaum ein Phänomen beschäftigte die philosophischen, theologischen und literarischen Gemüter im 18. Jahrhundert so sehr, wie die Frage nach der Evidenz und Substanz von Gespenstern bzw. Geistern. In diesem Buch werden dazu einschlägige Texte aus Theologie, Philosophie und Theaterästhetik untersucht. Musäus´ Die Entführung und Schillers Der Geisterseher werden exemplarisch betrachtet und der Schauerroman im 19. Jahrhundert besprochen. Mit Hilfe der ausgewählten Texte wird ein umfassender Überblick über die einzelnen Positionen im Geisterdiskurs des 18. Jahrhunderts gegeben. Hierbei werden nicht nur die Veränderungen der Gespenstervorstellungen skizziert, sondern aufgezeigt, dass in der Aufklärung eine gänzlich neue Funktion und Wirkungsweise von Geistermotiven und Geisterdarstellungen entsteht, die sich quer durch die prägnantesten Ebenen des privaten und öffentlichen Lebens des 18. Jahrhunderts zieht.
Textprobe:
Kapitel 4.2, Fallerzählungen und Philosophie:
Im Kapitel 4 wurde bereits auf die wesentlichen Neuerungen in Bezug auf die Literaturlandschaft des 18. Jahrhunderts eingegangen. Vor allem das Wachstum unterschiedlicher Printmedien wurde dabei betont. Wenn auch die Zahl aufgeklärter Schriften und Publikationen bis zum Ende des Jahrhunderts anwuchs, ist deren Rezeption in der ´einfachen´ Bevölkerung keineswegs belegt. Zwar entstanden nachweislich Werke, die sich explizit an bäuerliche Schichten richteten, genannt seien beispielsweise Rudolf Zacharias Beckers Versuch über die Aufklärung des Landmannes von 1785, Heinrich Philipp Sextros Über die Bildung der Jugend zur Industrie von 1785 sowie Theodor Gottlieb von Hippels Über die Ehe von 1774, aber inwieweit diese tatsächlich aktiv von lesekundigen Bürgern der unteren Stände gelesen wurden, bleibt auch in der Fachliteratur offen. Darüber hinaus gibt es in Werken über die Literatur der Aufklärung, besonders in Bezug auf Gespenstermotive, zahlreiche Erwähnungen von Fallerzählungen in Zeitungen und Kalenderblättern. Allerdings werden zum einen kaum direkte Quellen genannt, noch sind Beispiele in größerem Maße auffindbar. Es kann lediglich vermutet werden, dass besagte Schriften in größerer Fülle existierten, als sie tatsächlich bis heute erhalten blieben. Demungeachtet sollen im Folgenden zwei Beispiele vorgestellt werden, in denen Geister und Gespenster literarisch thematisiert aber nicht mit philosophischen oder religiösen Lehrsätzen versehen wurden.
Im ersten Band der Blätter vermischten Inhalts von 1787 erschien ein als Fragment bezeichneter Text namens Fuer solche Leser, die noch Gespenster glauben. Er wird durch ein Gespräch zwischen Vater und Sohn eingeleitet, in dem es um die Frage geht, was Gespenster sind und ob bzw. wie sie dem Menschen erscheinen können. Der Sohn sagt, ein Gespenst sei der Geist eines Menschen, der nach dessen Tod auf der Erde wandelt und die Leute erschreckt. Dabei beruft er sich darauf, ´was die Leute sagen´. Mit Hilfe mehrerer Fragen an das Kind stellt der Vater schließlich die Thesen auf, dass der Mensch keine Geister sehen könne, da diese ja nur Geist und nicht Körper seien. Zudem wäre es den Geistern aus der Hölle nicht gestattet, auf die Erde zurückzukommen und die Geister im Himmel hätten nicht den Willen, dies zu tun. Es wäre darüber hinaus auch nicht der Teufel, der die Menschen plage, da Gott es nicht erlauben würde, dass dieser die frommen Leute erschrecke. Der Dialog schließt mit den Worten: "Die meisten Geschichten dieser Art sind entweder Betruegereyen listiger Menschen oder Betrug unserer eigenen Sinne". Darauf folgt ein Bericht des Vaters, in dem er von einer vermeintlichen Gespenstersichtung erzählt, die er selbst erlebt hatte. In seinen frühen Jahren kannte er einen Gastwirt der "die Schwachheit [hatte], woran so viele besonders gemeine Leute krank liegen, in einem hohen Grade: er glaubte Gespenster, und vertheidigte seinen Glauben aufs aeußerste". Dieser berichtete von dem kopflosen Geist eines ehemaligen Verwalters, der aufgrund von Veruntreuung nach seinem Tod keine Ruhe im Grabe findet und in der Dämmerung jeden Abends in einem nahe gelegenen Wald erscheint. Da der berichtende Vater bereits damals nicht an Gespenster glaubte, kam er dem Vorschlag des Wirtes nach und ging mit einem Freund des Nachts zu besagtem Wald. Tatsächlich erblickten beide Männer bald eine weiß gekleidete Gestalt, die sich jedoch während der lauthalsen Verfolgung immer weiter entfernte und schließlich gänzlich verschwand. Die anfängliche Furcht, es könnte sich wahrlich um einen Geist gehandelt haben, konnte jedoch durch den Bericht einer weiß gekleideten Frau des Dorfes getilgt werden. Sie selbst wäre das vermeintliche Gespenst gewesen und sei nur vor den schreienden Männern geflüchtet. Der Text schließt mit dem abschließenden Urteil des Vaters, indem er sagt, dass er die Täuschung wohl gegl