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Neuerscheinungen 2016

Stand: 2020-02-01
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Karl Schönweiler

Schlotzer für a Zehnerle


Erzählung aus dem Stauferland der sechziger Jahre
2016. 136 S. 21 cm
Verlag/Jahr: KINZEL 2016
ISBN: 3-9554406-0-5 (3955440605)
Neue ISBN: 978-3-9554406-0-2 (9783955440602)

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In einem Dorf im Stauferland erlebt der junge Till die Vielfalt des schwäbischen Landlebens in den frühen sechziger Jahren.
Durch Botengänge oder Mithilfe bei den alten Handwerks-betrieben wie Küfer und Wagner verdient er sich die notwendigen Kreuzer für besondere Geschenke oder eigene Wünsche. Gemäß seinem Vorbild Till Eulenspiegel gerät er, teils unfreiwillig, zwischen schwarze Häfeler und weiß von merkwürdigen bunten Luftballons in der Abortgrube.
Aber das mit dem Kuss konnte doch niemand wissen, schon gar nicht Doktor Lederer. Oder vielleicht doch? Und Till erinnerte sich an die Worte seines Fideli-Onkels:
´Woisch, Bua, d´ Leut wisset sogar Sacha, die no gar net bassiert send. ´s Dorf isch halt wia a Schiffle, des schippert auf Woga der Wonderfitzigkeit. Ond älle Wella hent Auga ond Ohra.´
Dorfgespenster oder drei Häfeler

Ein letzter lauer Novemberabend, kurz nach Martini lockte noch manchen Dörfler aus dem Haus. Es hatte bereits die ersten Schneegestöber gegeben. Till war bei seinem Freund Bernhard. Bernhard hatte kürzlich Geburtstag. Als Geschenk bekam er einen Märklin-Metallbaukasten. Aus den vielen bunt lackierten Schienen und Schraubverbindungen wollten sie den Eiffelturm bauen.
Nebenan, im großen Wohnraum der Meiers, welcher Küche, Ess- und Wohnraum zugleich war, saß Bernhards Onkel Felix. Frau Meier betrieb eine Flaschenbierhandlung. Besonders in der kalten Jahreszeit setzte sich Mancher ihrer abendlichen Stammkundschaft auf ein Bier an den kleinen Tisch gleich hinter der Eingangstür. Solange es nicht zu kalt war, begnügten sie sich mit der großen Gartenbank im Hof. Neben dem massiven Esstisch gegenüber der Küchennische saß Frau Meier an ihrer Nähmaschine. Sie nähte Vorhänge in Heimarbeit. Bernhards Vater, der örtliche Postbote, las Zeitung. Es klopfte an der Nebeneingangstür, der "Ladentür".
"Bernhard guggsch Du mol, wer draußa isch!"
Bernhard öffnete, es war der Brettles-Kurt. Seine laute Stimme mit ungarn-deutschem Akzent kannten alle.
"Guta Obend mitanander - ach Felix bis du au do."
"Ja und du - hosch du mal Ausgang kriegt? Ach so, heut isch ja Sengstund. Bisch aber recht früh dran."
Felix und Kurt waren zusammen in die Dorfschule gegangen. Kurt war ein Jahr älter als Felix, seit einem Jahr verheiratet, Felix dagegen noch Junggeselle. ´Dem muss man noch extra a Braut backe, damit der endlich mal anbeißt´, urteilte Frau Meier über ihren zwölf Jahre jüngeren Bruder.
Kurt wandte sich zu Herrn Meier: "Florian, i kumm zu dir, weil i doch den Pacht zahla muss, schließlich is Martini scho gewese."
"Ja, da komm her, setz di na. Trenksch a Bier?"
"Ha jo, gärn."
Der Pachtzins war schnell beglichen. Kurts Mutter hatte ein kleines Gartengrundstück von den Meiers gepachtet, in dem sie neben Bohnen und anderem Gemüse hauptsächlich Ribiselsträuche pflegte. So wurden die roten Johannisbeeren in ihrer ungarischen Heimat genannt.
Nach dem Krieg hatte es die ungarn-deutsche Frau Pauschl mit ihrem zehnjährigen Buben nach Auental verschlagen, nachdem sie ihre Donauheimat bei Pécs verlassen mussten. Kurts Vater war, wie viele junge Männer von der Waffen-SS angeworben worden und im letzten Kriegsjahr gefallen.
Der fußballbegeisterte Kurt Pauschl machte in Auental seinen Schulabschluss. Mit dreizehn ging er zum alten Schreiner-Erwin in die Lehre. Erwins meist gesprochenen Satz hatte er sich schnell gemerkt: Gib mir mol des Brettle rüber. Diesen hatte er auf seine Weise bei den Dorfkameraden nachgeäfft. Bei Kurt wurde daraus: Gib mi mol des Bräddle rüba. So wurde aus dem Pauschl-Kurt der Brettle-Kurt.
Aus den Ribiseln machte die alte Pauschl jedes Jahr ihren zuckerstarken Johannisbeerwein, der schon Manchen, welcher den Alkoholgehalt unterschätzte, umgehauen hatte.
"Ischt denn der Träubleswein scho fertig? Dees´ Johr send die Sträuch´ ja wieder voll gehanga", rief Felix dem Brettle-Kurt rüber.
"Der wiad so gut wie jeds Johr. Weißt no, wo du den zum erste Mal probiert host?" gab Kurt zurück. Dieses erste Mal endete für den jungen Felix mit einem fürchterlichen Kater am nächsten Tag.
"Also Kurt, jetzt trenked mir no en Schnaps, no isch des Pachtg´schäft für des Johr erledigt. Felix trenksch au oin mit?"
Florian hatte den Klaren bereits aus dem Küchenbuffet geholt und die Gläser gefüllt. Ein allgemeines Prost erklang durch die Wohnküche.
Kurt setzte sich mit seiner Bierflasche zu Felix und Florian Meier vertiefte sich wieder in die Tageszeitung, dabei sagte er: "Jetzt will wohl der Adenauer bald aufhöre, na ja, alt gnug wär er ja scho lang. On der Erhardt solls dann macha."
"Der Ehrhard mit seine dicki Stumpa", ergänzte Kurt.
Felix zu Kurt: "Z´erscht kommt die Politik und no kommt s Wetter."
"Dr Totagräber Johann sagt, dass mir en arg strenga W