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Cornelia Marks, Milorad Popovic (Beteiligte)

Scheidewege


Gedichte. zweisprachig Montenegrinisch - Deutsch. Ungekürzte Ausgabe
Übersetzung: Marks, Cornelia
2017. 134 S. 210 mm
Verlag/Jahr: LEIPZIGER LITERATURVERLAG 2017
ISBN: 3-86660-212-X (386660212X)
Neue ISBN: 978-3-86660-212-0 (9783866602120)

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Milorad Popovic gelingt es wie kaum einem anderen postjugoslawischen Schriftsteller kritische Nüchtern heit und Erkenntnis, Ironie und philosophische Tiefe in seine Idee von Montenegro einfließen zu lassen.

Ein sehr umfangreicher Sammelband des Lyrikers - er enthält 7 Gedichtzyklen mit insgesamt 183 Gedichten - hier wird eine Auswahl vorgelegt, die von der Übersetzerin Cornelia Marks getroffen wurde.
Borhes[1]

On koristi usi

kao sto drugi citalac

koristi oci.

Koristi usne skoljke

kao zive zjenice

da bi pretrazivao neku rijec

neku recenicu, odlomak

kako bi potvrdio pamcenje.

Glasno analizuje stilsko sredstvo

ne bi li citaca

(svoju biljeznicu)

prisilio na vlastitu definiciju

Kiplingovog tigra duha.

Pise jezikom

tim nevidljivim mastilom

(u najmanje cetrdeset verzija)

kao sto drugi pisu perom.

Pis sazeto

ali nenametljivo eruditski

i vrlo smijeso -

ponekad okrutno

da bi sabrao misli.

Dopustao je

da mu rijeci

otezale u unutarnjem ogledalu

ponizno i spokojno

dolaze i odlaze.

Borges[2]

Er benutzt die Ohren

wie andere Leser

die Augen benutzen.

Er benutzt die Ohrmuscheln

wie lebendige Pupillen

um ein Wort abzusuchen

einen Satz, einen Abschnitt

um das Gedächtnis zu bestätigen.

Lautstark analysiert er das künstlerische Mittel

um den Leser

sein Notizbuch

zu einer eigenen Deutung

von Kiplings Tiger zu zwingen.

Er schreibt mit der Zunge

mit jener unsichtbaren Tinte

(in mindestens vierzig Versionen)

wie andere mit der Feder schreiben.

Er schreibt knapp gefasst

doch dezent gelehrsam

und sehr amüsant -

manchmal brutal

um seine Gedanken zu sammeln.

Er ließ zu

dass seine Worte

schwer geworden im inneren Spiegel

demütig und gelassen

kommen und gehen.

Samoubistvo

Marini Cvetajevoj

I ptice mogu predskazati smrt.

Zlatasta sjenka konjske balege

sle ena je.

Jutro se ne osvrnu na vrbu.

Jutro na kraju.

Prva ratna godina.

Tvoj posljednji glas.

Pucanj.

U Jelabugu se zvijezda

izgubi.

U ribnjaku.

I razvedri rosnu poljanu

beskrajne stepe

Selbsttötung

Für Marina Zwetajewa

Auch Vögel können den Tod vorhersagen.

Der goldene Schatten von Pferdemist

ist gefroren.

Der Morgen schaut sich nicht nach der Weide um.

Der Morgen am Ende.

Das erste Kriegsjahr.

Dein letzter Ruf.

Ein Schuss.

In Jelabuga geht ein Stern

verloren.

Im Fischteich.

Und erhellt die taubenetzte Flur

der endlosen Steppe
Milorad Popovic: Dichter und Essayist, geboren 1957 in Lipa Cucka bei Cetinje, Montenegro, ist einer der Begründer des montenegrinischen P.E.N.-Klubs, Vorsitzender des Verbandes freier Schriftsteller Montenegros, Direktor des "Offenen Kulturforums Cetinje" ("Otvoreni kulturni forum Cetinje", OKF), Herausgeber zeitgenössischer südslawischer Literatur sowie der Zeitschrift für Literatur, Kultur und gesellschaftliche Fragen "Ars". Seine Lyrik wurde ins Englische, Italienische, Deutsche, Türkische, Tschechische, Polnische, Litauische, Ungarische, Rumänische, Albanische, Bulgarische und Mazedonische übersetzt.