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Dany Laferrière, Antoine de Rivarol, Beate Thill (Beteiligte)

Über die Universalität der französischen Sprache


Mitarbeit: Laferrière, Dany; Übersetzung: Thill, Beate
2017. 80 S. 209 mm
Verlag/Jahr: WUNDERHORN 2017
ISBN: 3-88423-560-5 (3884235605)
Neue ISBN: 978-3-88423-560-7 (9783884235607)

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" ... Europa hat eine Macht erlangt, die in der Geschichte unvergleichlich ist: die vielen Hauptstädte, die Vielzahl und die Schnelligkeit seiner Expeditionen, der öffentliche und der private Verkehr haben es zu einer großen Republik werden lassen ..." Der Satz stammt nicht etwa aus einer Werbebroschüre zur Europawahl, sondern von Antoine de Rivarol (1753-1801) und aus dem Jahr 1783. Allerdings mit dem Zusatz: "... die sich für eine Sprache entscheiden muss" - schließlich spricht er von der weltweiten Gültigkeit der französischen Sprache. Das Thema war von der Berliner Akademie in ihrer Ausschreibung für den Wettbewerb von 1783 so vorgegeben. "Wodurch wurde die französische Sprache universell? Weshalb verdient sie eine solche Auszeichnung? Wird sie diese auch in Zukunft bewahren können?" Rivarol gewann den ersten Preis und wurde mit einem Schlag europaweit berühmt. In Frankreich steht die Rede bis heute auf den Lehrplänen, jetzt erscheint sie erstmals in deutscher Sprache, denn auch die Berliner Akademie verhandelte damals auf Französisch.
Diese Preisrede ist noch heute nicht nur hochaktuell durch ihre treffenden Beschreibungen der verschiedenen europäischen Kulturen und ihrer Sprachen, sie verbirgt ihre polemische Vehemenz hinter einem mitreißenden Humor, ist elegant und flüssig geschrieben und bietet damit einen großen Lesegenuss. Wie begründeten die Juroren damals ihr Urteil zwischen Rivarol und seinem Konkurrenten Johann Christoph Schwab?
"Beide haben bei der Durchführung ihrer Arbeit einen ganz ähnlichen Plan eingehalten. Die schriftstellerische Gestalt ihrer Schriften freilich läßt kaum einen Vergleich zu; steht doch die zwar kultivierte, zugleich aber schwerfällig solide Darbietung des Deutschen weit ab von der geschliffenen Sprachkraft und blitzenden Energie des Franzosen, dessen Wert als ein hervorragendes Beispiel gelten kann für die Vorzüge, die er an der französischen Prosa großen Stils mit stolzer Beredsamkeit rühmt."
Dany Laferrière übt als Nachkomme von afrikanischen Sklaven in der Neuen Welt Kritik an der Haltung gegenüber der Sklaverei, die in einer Bemerkung in Rivarols Text deutlich wird. Auch berichtet er von dem zwiespältigen Verhältnis der ehemaligen Kolonisierten in Haiti zur Sprache des Kolonisten. Dennoch eint ihn mit Rivarol die Liebe zur französischen Sprache als einem flüssigen und eleganten Idiom, das sich trotz seines Zentralismus in der Vergangenheit für Menschen weltweit als biegsam genug erweist, um auch die eigenen, nicht-europäischen Erfahrungen auszudrücken.
Aus dem Vorwort

Dany Laferriére:
Mit Verve erzählt er von den Anfängen der französischen Sprache (das Provenzalische, das Pikardische und so fort), nichts Überraschendes bis zu der Passage, wo es heißt: ... "ein gewaltiger Handel hat neue Verbindungen zwischen den Menschen entstehen lassen. Mit Untertanen aus Afrika kultivieren wir Amerika und die Reichtümer aus Amerika verkaufen wir in Asien." Ich träume davon, diese Frage mit ihm in aller Ruhe in einem kleinen Café durchzusprechen. Aus großer Distanz sagt er solche Ungeheuerlichkeiten! Was er "Handel" nennt, ist die Sklaverei. Ich wüsste gerne die genaue Definition von "Untertanen ". Bedeutet sie einen Aufstieg für den Afrikaner? Ist es nicht besser, ein "Untertan des Königs" zu sein als "mobiles Gut", wie die Sklaven im Code Napoléon bezeichnet werden? Würde Rivarol Verständnis für ihre Situation aufbringen?
Leider hat er sich auch hier nicht aufgehalten. Es war nicht sein Hauptthema. Er ist schon viel weiter, beim Aufbau Europas. Hören wir zu, wie er träumt, dabei lebte er noch unter der absoluten Monarchie: " ... die vielen Hauptstädte Europas, die Vielzahl und die Schnelligkeit seiner Expeditionen, der öffentliche und der private Verkehr haben es zu einer großen Republik werden lassen, die sich für eine Sprache entscheiden muss." Ein Europa, das nur Französisch spricht, das ist wirklich das wichtigste Argument Rivarols in seiner ganzen Rede. Heute ärgert sich Frankreich über die Vorherrschaft des Englischen. Man stelle sich den Skandal vor, wenn ein amerikanischer Schriftsteller, etwa Norman Mailer, eine solche Rede vor den Vereinten Nationen halten würde. Damals hatte Frankreich kein Problem mit einer einzigen Sprache, solange es die französische war.