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Neuerscheinungen 2017

Stand: 2020-02-01
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Dominique Messal

Informationsweitergabe und Selbstrepräsentation in den Sozialen Medien. Neue Wege der Verbreitung verschwörungstheoretis


2017. 152 S. 36 Abb. 220 mm
Verlag/Jahr: DIPLOMICA 2017
ISBN: 3-9614653-4-7 (3961465347)
Neue ISBN: 978-3-9614653-4-7 (9783961465347)

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Die Untersuchung widmet sich der Fragestellung, weshalb die Öffentlichkeit heutzutage anzunehmen scheint, dass es mehr Verschwörungstheoretiker als früher gäbe. Als historischer Wendepunkt von ´früher´ zu ´heute´ zur Klärung dieser ´neuen Omnipräsenz´ wird das Konzept sozialer Medien mit seinen theoretischen Möglichkeiten des Informationsaustauschs herangezogen. Ferner werden verschwörungstheoretische Meinungen im Sinne eines alternativen Glaubenssystems definiert und anschließend mithilfe qualitativer Fallbeispiele aus dem Netz auf ihre Verbreitungsmethoden hin untersucht. Eine zusätzliche quantitative Erhebung zeigt zudem messbare Einflüsse auf, die die abgehandelte Thematik weiter empirisch unterfüttern. So sollen weitere Grundlagen geschaffen und die bisher dominante Auffassung von Verschwörungstheoretikern als vereinzelte, psychisch instabile Paranoiker entkräftet werden.
Textprobe:
Kapitel 3.2 Sphären eines verschwörungstheoretischen Glaubenssystems:
Aus dem Mangel der bisherigen Definition und der Ableitung einer Auffassung von Verschwörungstheorien, die ein Glaubenssystem beschreibt, ergibt sich die Notwendigkeit einer weiteren Ausdifferenzierung. Da sich aufgrund der bisherigen Beobachtungen zahlreiche Analogien zu klassischen Religionen ergeben, stellt es sich als vielversprechender Ansatz dar, bestimmte Sphären ausführlicher zuzuordnen. Eventuell könnte es an dieser Stelle sonderbar erscheinen, Verschwörungsdenken mit Religion gleichzusetzen, aber einerseits liegt das erneut an der Bewertung der Begriffe - von denen der erste per vorherrschender öffentlicher Meinung eher negativ, der zweite tendenziell positiv behaftet ist. Andererseits wird der Religionsbegriff häufig fälschlich angewendet. Er bezieht sich nicht zwangsläufig auf organisierte Gemeinden. Das heißt, dass beispielsweise die ´Katholische Kirche´ selbst keine Religion ist, sondern lediglich eine Institution, die die eigentliche Religion als eine Auslegung der Realität, den Glauben an das ´katholische Christentum´, zu vermitteln versucht. Religion beschreibt dabei eine Überzeugung, die auf einer Zusammenführung persönlicher Erfahrungen und Sozialisation, zum Beispiel durch ´die Kirche´, beruht und als Resultat sowohl eine individuelle als auch eine gemeinschaftliche Wertorientierung erzeugt (Pickel 2011: 44). Der übergeordnete Begriff ist dabei die "Weltanschauung" (ebd.: 47). Wie diese im System eines verschwörungstheoretisch zentrierten Religionskonstrukts zustande kommt, wird sich in den folgenden Unterpunkten zeigen.
3.2.1 Die Spiritualität des Politischen - Rahmen eines Bekenntnisses:
Eine der zentralen Voraussetzungen, sozialwissenschaftliche Forschungen zu betreiben, ist es, gesellschaftliche Mechanismen zu beobachten, sie zu beschreiben und damit auch potenziell vorhersehbar zu machen. Jedes Standard-Lehrwerk der Soziologie setzt dabei Interaktionsprozesse voraus, die sich zunächst auf eine einfache, verständigungsprozessuale Abfolge konzentrieren: Aktion - Reaktion - Gegenreaktion (Abels und Stenger 2013: 108). Dieses Grundverständnis ist dabei auch zur Erklärung religiöser Interaktionsprozesse notwendig, die ihrerseits erst dafür sorgen, dass aus einer individuellen Deutung ein Massenphänomen wird (Pickel 2011: 39f.). Der induzierte Umkehrschluss lautet daher: Alle Gläubigen einer Religion verfügen über einen gemeinsame Weltanschauung, die durch Interaktionen untereinander - und mit der Außenwelt(!) - zustande kommt. Denn auch religiöse Glaubenssysteme sind keine geschlossenen Gruppen. Sie benötigen eine Referenz, auf die sie sich beziehen können und von der sie sich abzuheben versuchen, um folglich überhaupt erst fähig zu sein, ihre eigene Realität deuten.
Im traditionellen Verständnis existieren dabei zweierlei Sphären: Die geistliche und die weltliche. Sie werden häufig als Gegenpole angesehen und im Alltagsgebrauch durch die Zuordnung von Begriffspaaren wie ´privat´ und ´öffentlich´, ´spirituell´ und ´sinnlich´ oder ´sakral´ und ´profan´ voneinander getrennt. Dabei sind sie enger miteinander verwoben, als der Säkularitätsgedanke vieler moderner - vor allem westlich geprägter - Gesellschaften suggeriert. Zur Erklärung: Ursprünglich bezog sich der Begriff der Säkularisation auf die Überführung institutioneller Kirchen-Güter in privaten Besitz. Mittlerweile bezeichnet er aber auch primär den "Bedeutungsrückgang von Religion in der Gesellschaft" (Pollack 2013: 213) - also eine Verhältnisgleichung in quantitativer Auffassung. Zwar mag es sein, dass der institutionalisierte Glaube in säkulären Gesellschaften rückläufig ist, aber was die Religiosität an sich angeht, ist anderes zu vermuten (Pickel 2011: 228ff.). Hierbei erscheint es wichtig, den Religionsbegriff aus dem vorangegangenen Abschnitt zu erinnern und in die Verhältnisgleichung einzusetzen: Säkular