Neuerscheinungen 2018Stand: 2020-02-01 |
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Felix Heinzer
Der Landgrafenpsalter
2018. 512 S. 384 Abb. 207 x 173 mm
Verlag/Jahr: AKADEMISCHE DRUCK- UND VERLAGSANSTALT 2018
ISBN: 3-201-02024-9 (3201020249)
Neue ISBN: 978-3-201-02024-4 (9783201020244)
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Seit Beginn des 19. Jh.s zählt die Stuttgarter Landesbibliothek (die vormalige Handbibliothek des württembergischen Königs Friedrich) eines der schönsten Werke der frühgotischen Buchmalerei zu ihrem Besitz - den Landgrafenpsalter. Der Name dieser Handschrift steht in engster Beziehung zu ihrem Auftraggeber. Landgraf Hermann I. von Thüringen und Hessen wird nicht nur in der Litanei und den Fürbitten genannt. Sein Bildnis und jenes seiner zweiten Gemahlin Sophie, aus dem Geschlecht der Wittelsbacher, findet sich auch an prominenter Stelle innerhalb der Fürstengalerie der Litanei.
Hermann von Thüringen (reg. 1190-1217) galt als rücksichtsloser Politiker, der als erster deutscher Fürst eine gewisse Autonomie der landesfürstlichen Gewalt gegenüber dem Reichsoberhaupt durchzusetzen versuchte. Zugleich aber war er ein großherziger Förderer der Künste und Wissenschaften, ein Mann von feiner Bildung, der in Eisenach einen der kunstfreudigsten Höfe der damaligen Zeit unterhielt. Von der Bedeutung dieses Fürsten zeugt auch die Ausstattung seines Psalters, der sowohl in künstlerischer wie auch in technischer Hinsicht als Meisterwerk bezeichnet werden kann.
Anlage und Gliederung des Textes entsprechen dem für Psalterhandschriften üblichen Schema. Um das Hauptstück - ein Psalterium Gallicanum - gruppieren sich Kalendarium, Cantica, Allerheiligenlitanei und Totenofficium. Um die Handhabung des Gebetbuches (bei dem der Text nicht fortlaufend durchgelesen wird, sondern einzelne Passagen nach Bedarf rasch aufgeschlagen werden) zu erleichtern, bedurfte es einer deutlichen Gliederung des Textes. An diesen Zäsurstellen bot sich dem Illuminator reichlich Gelegenheit zur Anbringung seines künstlerischen Schmucks.
Praktisch alle Anfangsbuchstaben sind als goldene Majuskeln abgesetzt, die durch blaue, blattwerkartige Federzeichnungen noch bereichert werden. Einige Psalmen sind darüber hinaus noch durch kunstvoll verschlungene Initialen hervorgehoben, die bis halbseitige Größe erreichen können. Sie alle stehen auf Goldgrund, der mit Rot (mit Zinnober gemischtem Minium) unterlegt ist. Ihre Buchstabenkörper bauen sich aus miteinander verflochtenen, verknoteten und zu Spiralen eingedrehten Blättern auf, deren Enden in Tier- und Menschenfiguren auslaufen. Während die Bänder formal noch der Fläche verhaftet bleiben, enthalten das sich aufwölbende Blattwerk und die anthropo- und zoomorphen Wesen bereits deutliche plastische Werte.
Neben diesem überaus variantenreichen Initialschmuck - keine Initiale gleicht der anderen, jede Form scheint neu erfunden - sind es vor allem die insgesamt acht ganzseitigen Minaturen, die dem Landgrafenpsalter den Eindruck von Pracht und Kostbarkeit verleihen. Die jeweils auf den Versoseiten placierten, größere Textabschnitte markierenden, goldgrundigen Bilder stellen uns Szenen aus dem Leben Christi in chronologischer Abfolge vor Augen. Von der Taufe im Jordan über Kreuzigung, Höllen- und Himmelfahrt, Pfingsten, das Jüngste Gericht und eine Darstellung der Dreieinigkeit spannt sich der Bogen der Bildthemen bis hin zu einer Paradiesesszene. Der allgemeinen Zeitströmung mit ihrer starken Öffnung gegenüber der östlichen Kunst entsprechend, sind es vor allem byzantinische Gestaltungsprinzipien, die dem Miniator in stilistischer und ikonographischer Hinsicht als Vorbilder dienten. Wie weit diese vorgeprägten Typen durch die Verknüpfung mit eigenen Traditionen jedoch auch umgedeutet werden konnten, zeigt exemplarisch die Kreuzigungsminiatur. Hier wird der im Abendland beheimatete Topos der Kreuzigung als symbolisches Andachtsbild (erkennbar an der Anwesenheit von Ecclesia und Synagoge) mit einem byzantinischen Christustypus verbunden.
Östliche Stilmerkmale finden sich auch an den Figuren des prächtig ausgestatteten Kalendariums, das dem Psalterium vorangestellt ist. Die durch eine architektonische Gliederung in zwei vertikale Abschnitte geteilten Monatsseiten erweitern den