Neuerscheinungen 2018Stand: 2020-02-01 |
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Gabriele Petricek
Die Unerreichbarkeit von Innsbruck
Verfolgungsrituale
2018. CCXL, 240 S. 21 cm
Verlag/Jahr: SONDERZAHL 2018
ISBN: 3-85449-492-0 (3854494920)
Neue ISBN: 978-3-85449-492-8 (9783854494928)
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Eine Autorin sucht ihr Ich. Oder andere Ichs - und schon beginnen Geschlechterrollen durchlässig zu werden. Oder ist da ein Ich auf der Suche nach einer Autorin? Sind beide ein und dieselbe, derselbe? In Gabriele Petriceks neuem Buch ist die Grenze zwischen Suche und Verfolgung hauchdünn, durchlässig, um die Möglichkeiten literarischen Erzählens im ständigen Wechsel der Ich-Perspektiven spielerisch auszuloten.
Bei allem Anspruch auf Genauigkeit lässt sich Petricek von Fabulierlust leiten, auf Ab- und Umwege bringen, sich in Variationen und Möglichkeiten verwickeln, und verführt den Leser, die Leserin ihr überall hin zu folgen: nach Rom und Melk, nach London und Venedig, ins Reich der Lügen und in den Sumpf des Halbwahren. Konsequent verwischt und ständig neu aufgeworfen wird, wer wen beobachtet und wer wen beim Beobachten beobachtet. Vielleicht ist jede und jeder sich selbst die eigene Spionin.
Und nicht immer ist klar, wo wir tatsächlich sind: Ständig ändert sie die Richtung. Und wieder entschlüpft mir diese Schriftstellerin in jede ihr gerade beliebige Rolle, ob Vorbild oder nicht, wechselt von hierorts nach daorts und Hemd und Hose wie Jacke nach Laune und Lust nachgerade hakenschlagend und nach der Wahrheit längst kräht keiner mehr. Nur eines steht außer Streit: Innsbruck bleibt unerreichbar. Geheimnisvoll, rätselhaft, unerklärlich.
Möglicherweise im Telefonbuch zu findende Personen und sagenhafte Figuren wie Mani, Säulenheiliger und Liebhaber von Schweinenieren (James Joyce lässt grüssen!), oder Uly, irischer Pilger und Devotionalienhändler, geistern durch Petriceks Außenwelt der Innenwelt. Kopfgeburten, Hirngespinste allemal - welche Figur der Literatur ist schon aus Fleisch und Blut? Andererseits scheinen sie, beseelt von und durch Sprache, voller Leben zu sein, redefreudig, wortgewandt. Gerade weil ihnen etwas Flüchtiges anhaftet, können sie jeder - zeit um die Ecke biegen und auf der nächsten Seite wieder verschwinden - ins wahre Leben tauchen.
Was veranlasste mich, auf sie zuzugehen? Sie ansprechen.
Nein, dass er sie tatsächlich ansprechen wollte, glaube ich nicht. Er unterließ es jedenfalls. Beobachtete die Brückentäuschung des Regenbogens, als sie unvermittelt aufstand, den Reiseführer in ihre Tasche gleiten ließ und ihm diesen galligen Blick anmaß, eigentlich anmaßte, der ihn zurückweichen und warten ließ, bis sie in die Rotunde gestiegen war, ohne Idee noch, dass sie in einen Gang führt, unter der Themse hindurch, vielmehr dachte, das kleine fensterlose Rundgebäude sei eine öffentliche Toilettenanlage.
Um ein Haar wäre er dieser Vorgängerin verlustig gegangen -
Petricek, Gabriele
Gabriele Petricek, geboren in Krems, ausgebildet zur Modedesignerin. Lebt in Wien. Zunächst Kulturpublizistin. Debüt-Preis des Staatssekretariats für Kunst für den Erzählband "Zimmerfluchten_ (2005). Writer-in-Residence in den USA und Großbritannien, längere Schreibperioden in Italien und Oberösterreich. Mitbegründerin des biennalen Literatursymposiums Austrian-American Podium-Dialog in Easton, PA (2013) und Gründerin des jährlichen Literaturfests LITERATUR AM STEG an der Alten Donau (2014). Zahlreiche Auszeichnungen für Literatur, zuletzt Anerkennungspreis des Landes Niederösterreich für Literatur (2013) und Elias-Canetti-Stipendien der Stadt Wien (2014-2016).