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Martin Kolozs
Auf staubiger Straße
Roman
2018. 132 S. 21 cm
Verlag/Jahr: SONDERZAHL 2018
ISBN: 3-85449-499-8 (3854494998)
Neue ISBN: 978-3-85449-499-7 (9783854494997)
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Martin Kolozs ist auf einer Südamerika-Reise viele Tage mit dem Auto durch die Anden gefahren, durch die Atacama-Wüste, zu heißen Quellen und zu blendendweißen Salzebenen; er hat viel über Land und Menschen gelesen "... an manchen Tagen war die Intensität so groß, dass sich alles unwirklich anfühlte und Formen, Farben, Gerüche und Geräusche auseinanderbrachen ..." und er stieß auf die reale Geschichte eines Serienmörders: Pedro Alonso López hatte zwischen 1978 und 1980 hunderte Mädchen ermordet, kam aber im Jahre 1999 wieder frei und ist seitdem untergetaucht. Dieses "Monster der Anden" ließ Kolozs von nun an nicht mehr los, ist ihm gewissermaßen erschienen und überall hin gefolgt: Was ist das Böse und wo lauert es?
Martin Kolozs beantwortet diese Frage nicht, sondern stellt die Frage in ihrer ganzen Komplexität und Monstrosität mit literarischen Mitteln dar. Entstanden ist so ein dialogreicher Roman, der die Armut der Land bevölkerung, die Kargheit der Landschaft, die staubige Hitze spüren und schmecken lässt - Soroche, die Höhenkrankheit, wird nahezu erfahrbar. Raffiniert werden Krimi-Versatzstücke benutzt, beim Personal des Romans sind Zeugen und Verdächtige oft nur schwer zu trennen: zwei Kriminalbeamte, die unterschiedlicher nicht sein können, die einfältigen Eltern des ermordeten Jungen, ein alkoholkranker Lamazüchter und sein Sohn, ein wortkarger Archäologe und ein um das Seelenheil der Menschen besorgter Pfarrer ...
Die Frage, wer der oder die Täter sind - als anonyme Stimme (in kursiv gesetzten Passagen) immer wieder hörbar, den Fortgang der Handlung unterbrechend - stellt sich dem Leser ständig, bleibt aber letztendlich zweitrangig: "Der größte Trick des Teufels ist, uns seit jeher vorzumachen, dass es ihn nicht gibt ... so lockt er uns in die Falle: Wir hören auf, uns vor ihm zu ängstigen ... sündigen! ... und laufen so direkt in seine Arme."
Er sah den Morgen kommen. Wilde Vögel kündigten ihn an. Und Verheißung lag in der Luft. Ein Versprechen. Ein Neubeginn. Alle Erkenntnis. Er hatte den Jungen zurückgelassen. Am Fuße des Berges. Wie ein Findel. In einem offenen Grab. Unter Menschen, die er auserwählt hatte. Sie würden die Zeichen nur langsam verstehen, aber dann, wie starke Schmerzen, nie wieder vergessen. Das wusste er. Jetzt. Dieses Mal würde die Erinnerung stark bleiben.
Auch Guzman zuckte zurück. Sein ganzer Körper zog sich im Bruchteil einer Sekunde zusammen, als wollte jede Pore, jede Zelle verhindern, dass das Bild, welches ihm geboten wurde, in sein Gedächtnis eindrang: Der Junge war offensichtlich brutal misshandelt und erwürgt worden. Außerdem war er nackt, was einen ersten, schrecklichen Verdacht aufkommen ließ. Und die Art, wie er auf seinem Bauch und den angewinkelten Armen lag, schien inszeniert zu sein.
Der Mörder hatte die Leiche an dieser Stelle nicht nur abgelegt, sondern verfolgte eine bestimmte Absicht damit, dachte Guzman. Aber welche?
Er trat näher. Dabei bemerkte er, wie die Truthahngeier, die sich in einiger Entfernung niedergelassen hatten, nervös wurden; deutlich sah er ihre elfenbeinfarbenen Schnäbel, die blutroten Hälse und federlosen, hässlichen Schädel.
Er warf einen faustgroßen Stein nach ihnen, traf aber keinen.
"Verdammte Aasfresser!", brüllte er und klatschte kräftig in die Hände.
Aber die Vögel zeigten sich unbeeindruckt. Nachdem sie kurz aufgeflattert waren, landeten sie wieder und nahmen den Leichnam erneut ins Visier.
Kolozs, Martin
Martin Kolozs, geboren 1978 in Graz, aufgewachsen in Innsbruck, Studium der Christlichen Philosophie, lebt als freier Autor und Journalist in Wien; zahlreiche Veröff entlichungen (Prosa, Drama, Lyrik und Biographien) und mehrere Auszeichnungen. Seit April 2018 ist er Chefredakteur des Männer magazins ¯Ypsilon®. Homepage: www.martinkolozs.at