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Neuerscheinungen 2018

Stand: 2020-02-01
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Lynn Austin, Dorothee Dziewas (Beteiligte)

Die Apfelpflückerin


Ausgezeichnet mit dem ´Christy Award, North American Historical´ 2002
Übersetzung: Dziewas, Dorothee
Sonderausgabe. 2018. 395 S. 18.7 cm
Verlag/Jahr: FRANCKE-BUCHHANDLUNG 2018
ISBN: 3-86827-705-6 (3868277056)
Neue ISBN: 978-3-86827-705-0 (9783868277050)

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Die junge Witwe Eliza kennt nach dem Tod ihres Schwiegervaters nur ein Ziel: Allein kämpft sie um die Rettung der Obstplantage, die das Ein und Alles der Familie ihres Mannes war. Schnell wird der Mutter von drei kleinen Kinder klar, dass dieses Vorhaben nur gelingt, wenn Gott einen Engel schickt, wie die verrückte Tante Gracie meint.
Tatsächlich steht bald ein geheimnisvoller Fremder vor Elizas Tür. Ist er wirklich der erhoffte Gottesbote, oder hegt er finstere Absichten? Immerhin scheint er nicht der zu sein, der er zu sein vorgibt. Doch wer ist das schon?
Eliza ist selbst gefangen in einem Netz aus Lügen über ihre Herkunft, und auch in der Familie ihres Mannes schlummert mehr als ein dunkles Geheimnis. Nur langsam fügen sich die Bruchstücke der Vergangenheit zu einem Gesamtbild zusammen.
Wird Eliza letztlich alles verlieren, was ihr liebe und teuer ist, oder gewinnt sie sogar mehr, als die je zu träumen wagte?
Kapitel 1

Februar 1931

Ich war gerade aus der Küche in die eiskalte Februarnacht hinausgetreten, als mich der Fremde beinahe zu Tode erschreckte. Ich hatte nicht gehört, dass ein Automobil den langen, einsamen Weg zu meinem Bauernhaus heraufgekommen war, und so jagte mir der Schatten in der Dunkelheit vor mir, der plötzlich die Gestalt eines Mannes annahm, einen solchen Schrecken ein, dass ich die mit Asche gefüllte Kohlenschütte, die ich vor mir hertrug, auf die Stufen der Veranda fallen ließ. Ich griff mir mit beiden Händen ans Herz, damit es nicht aus meinem Brustkorb sprang.
"Verzeihen Sie, Ma´am. Ich wollte Sie bestimmt nicht erschrecken", sagte der Fremde. Selbst im Dunkeln konnte ich erkennen, dass es ihm wirklich leidtat. Er hielt die Arme ausgestreckt, als wäre er gerne bereit mich aufzufangen, sollte ich vor Angst tot umfallen.
"Ist schon in Ordnung", sagte ich. "Ich habe Sie nur nicht den Weg herauffahren hören."
"Ich bin auch nicht gefahren. Ich bin zu Fuß gekommen." Er setzte den Leinensack, den er trug, ab und bückte sich, um die verstreute Asche mit den Händen wieder in die Schütte zu füllen.
"Vorsicht, die könnte noch heiß sein."
"Ja, Ma´am. Fühlt sich aber gut an." Er arbeitete mit bloßen Händen, und einen Hut trug er auch nicht - ein paar Lagen zerrissener Kleidung waren alles, was ihn gegen die betäubende Kälte schützte. Sein zu langes Haar und der buschige Bart verbargen den Großteil seines Gesichts vor meinen Blicken. Aber es war der Gestank, der starke Geruch nach ungewaschenem Leib und Holzrauch, der mir sonnenklar bewies, dass der Fremde ein Landstreicher war - einer der vielen tausend, die durch Amerika zogen, auf der Suche nach Arbeit für den Winter. Er musste von den Schienen aus durch die Plantage gelaufen sein, angezogen von dem Licht in den Fenstern meines Bauernhofs.
"Ihr Haus steht auf der Liste", hatte der alte Abe Walker mir gesagt, als ich das letzte Mal in seinem Laden in Deer Springs gewesen war. "Das machen die Landstreicher so, wissen Sie? Wenn sie herausgefunden haben, dass Sie ein gutherziger Christenmensch sind, dann markieren sie Ihr Haus für die anderen. Sie sollten sie gleich wegjagen, Eliza Rose. Es ist gefährlich, wenn die Typen bei Ihnen herumhängen, wo Sie doch Witwe sind und so."
Abe Walker wusste nicht, dass ich mit Gelegenheitsarbeitern, Tunichtguten und Tagelöhnern aufgewachsen war und deshalb über eine recht gute Menschenkenntnis verfügte. Ich wusste, wen ich hereinbitten konnte und wen ich fortjagen musste.
"Dürfte ich vielleicht Ihren Mann sprechen, Ma´am?", fragte der Fremde und erschreckte mich damit ein zweites Mal.
"Meinen ... meinen Mann?"
"Ja, Ma´am. Ich frage mich, ob er vielleicht den einen oder anderen Job hätte, den ich im Gegenzug für eine Mahlzeit erledigen könnte." Der Landstreicher hatte eine freundliche Stimme, sanft und höflich. Ich dachte an die unendlich vielen Dinge, die es hier zu tun gab - Milcheimer waschen, Feuerholz spalten, Kohlen herbeischaffen, Tiere füttern, Zäune reparieren - und schon bei dem Gedanken fühlte ich die Müdigkeit bis in die Knochen.
"Kommen Sie doch herein, und essen Sie etwas", sagte ich. "Es ist zu kalt, um hier draußen herumzustehen. Lassen Sie die Asche einfach dort auf der Veranda liegen." Ich wandte mich um und öffnete ihm die Küchentür, aber er rührte sich nicht.
"Es macht mir nichts aus, draußen zu essen. Und ich mache auch die Arbeit gerne zuerst."
Im Dunkeln war es schwer zu erkennen, wie alt der Fremde war. Seine Stimme klang weder jung noch alt. Er tat mir leid. Trotz seiner vielen Kleiderschichten stand er zitternd und mit hochgezogenen Schultern in der Kälte.
"Wir sind gerade mit Essen fertig geworden", sagte ich. "Es ist noch warm. Kommen Sie bitte."
Langsam folgte er mir ins Haus und blieb dann in der Nähe der Küchentür stehen, während ich etwas Brot aufschnitt, einen sauberen Suppenteller holte, eine Portion von den Resten hineinfüllte und ih