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Lynn Austin, Dorothee Dziewas
(Beteiligte)
Töchter der Küste
Übersetzung: Dziewas, Dorothee
2018. 398 S. 20.5 cm
Verlag/Jahr: FRANCKE-BUCHHANDLUNG 2018
ISBN: 3-86827-706-4 (3868277064)
Neue ISBN: 978-3-86827-706-7 (9783868277067)
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Niederlande 1845: Geesje ist 15, als ein Stein im Schau-
fenster ihres Vaters ihre Kindheit zerstört. Wegen ihres lebendigen Glaubens werden sie fortan immer wieder angegriffen und schikaniert. Schließlich sehen ihre Eltern keinen anderen Ausweg, als nach Amerika auszuwandern. Doch Geesje ist alles andere als begeistert. Zumal sie den Mann, den sie liebt, in den Niederlanden zurücklassen muss. Wird sie ihn jemals wiedersehen?
Gut 50 Jahre später erinnert Geesje sich zurück. Sie ahnt nicht, dass unweit von ihr die junge Anna vor ähnlichen Entscheidungen steht, wie sie sie einst treffen musste. Vor allem aber ahnt sie nicht, dass ausgerechnet diese junge Frau ihrem Herzen endlich Frieden schenken könnte.
1. Kapitel
Anna
Lake Michigan
1897
Ich durchlebe gerade meinen Albtraum. Ein heftiges Unwetter hat unser Dampfschiff eingeholt, und nachdem wir eben noch auf dem Kamm einer Welle hinaufgetragen wurden, stürzen wir nun so heftig in einen Wassergraben, dass mir schlecht wird und ich mir sicher bin, dass wir untergehen werden. Alles ist genauso wie in meinem Albtraum - dem Traum, der mich im Schlaf verfolgt, solange ich denken kann.
Mutter und ich kauern auf dem Passagierdeck, während der Wind den Regen und die Wellen gegen die Fenster schleudert. Donner grollt und dröhnt wie Fässer voller Kanonenkugeln, die bergab rollen. Wann immer Blitzdolche den dunklen Horizont zerschneiden, schließe ich hastig die Augen. Bei dem brüllenden Wind kann ich kaum mein eigenes Wimmern hören oder Mutters Stimme, die mich zu trösten versucht.
"Schhh ... nicht weinen, Anna."
Mit meinen dreiundzwanzig Jahren bin ich eine erwachsene Frau, aber sie versucht trotzdem, meine Ängste genauso zu beschwichtigen, wie sie es getan hat, als ich ein Kind war. Damals bin ich in der Nacht von dem Albtraum aufgewacht und habe vor Schrecken geschrien, während ich zitterte, als würde das eiskalte Wasser mich bei lebendigem Leibe verschlingen.
Aber diesmal träume ich nicht. Wir sind an Bord eines Schiffes, das City of Holland heißt und sich in einem schrecklichen Unwetter abmüht, den Lake Michigan zu überqueren. Die Kessel hämmern und pochen unter meinen Füßen wie ein drängender Herzschlag, der mein eigenes Herz nachzuahmen scheint. Von dem wilden Hin- und Herwerfen des Schiffes, das auf dem See wie ein Spielzeug tanzt, ist mir ganz schwindelig. Ich hätte nie einwilligen sollen, mit einem Dampfschiff zu reisen, doch ich hatte es derart eilig, Chicago zu verlassen, dass ich das Transportmittel wählte, das mir am schnellsten und direktesten erschien. Ein tragischer Fehler. Wie hatte ich nur den Albtraum vergessen können, der mich in meiner Kindheit so quälte? Ich werde sterben, aber ich will nicht.
"Schhh ... nicht weinen, Anna", sagt meine Mutter besänftigend. "Ich bin ja hier."
Aber mein Vater ist zu Hause in Chicago und in dieser Hinsicht unterscheidet sich dieser echte Albtraum von dem Traum, den ich all die Jahre hatte. Deshalb weiß ich, dass Mutter und ich sterben werden. In meinem Traum verlassen Mama und ich das sinkende Schiff mit den anderen Passagieren und klettern in ein überfülltes Rettungsboot. Plötzlich schlägt eine riesige Welle über uns zusammen, wirft das Rettungsboot um und schleudert uns in das eisige Wasser. Der Schock raubt mir den Atem. Meine Haut kribbelt und brennt, als stünde sie in Flammen. Wir sinken unter die Wasseroberfläche, während wir uns aneinanderklammern, aber Mamas schwere Röcke und Unterröcke ziehen uns hinunter. Ich kann nichts sehen, kann nicht atmen. Sie strampelt und versucht mit aller Kraft, an die Oberfläche zu gelangen, und als uns das endlich gelingt, schreien und rufen überall um uns herum Menschen um Hilfe. Die Weite des Sees dämpft den Klang. Ich sehe Vater, wie er unweit von uns im Wasser auf der Stelle tritt, und sie fleht: "Bitte! Meine Tochter! Bitte retten Sie meine Tochter!" Ich will Mama nicht loslassen, aber Vater zieht mich in seine starken Arme und hält meinen Kopf über die peitschenden Wellen. Als ich mich umdrehe, ist Mama verschwunden. Über dem turbulenten Wasser ist nur noch ihre Hand zu sehen, als winkte sie zum Abschied. Vater will die Hand erfassen, aber er ist zu spät. Mama ist fort, verschlungen von dem aufgewühlten schwarzen Meer.
Ich schreie immer auf, wenn ich aus dem Traum erwache, aber aus diesem Albtraum gibt es kein Erwachen. Ich umklammere meine Mutter so fest, dass sie keucht: "Nicht so fest, Anna. Ich bekomme keine Luft!"
"Diesmal ist Vater nicht hier, um uns zu retten. Wir werden untergehen und ich will nicht sterben!"
"Wir gehen nicht unter, mein Schatz."
Ich bin nicht davon überzeugt. Ich erinnere mich an den allerletzten Gottesd