Neuerscheinungen 2018Stand: 2020-02-01 |
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Tamri Fkhakadze, Iunona Guruli, Mario Pschera
(Beteiligte)
Gärtnern im Kriegsgebiet
und andere Erzählungen
Mitarbeit: Pschera, Mario; Übersetzung: Guruli, Iunona
2018. 128 S. 21.6 cm
Verlag/Jahr: DAGYELI 2018
ISBN: 3-935597-91-6 (3935597916)
Neue ISBN: 978-3-935597-91-3 (9783935597913)
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Zwei Brüder verlassen ihr Dorf in Richtung Hauptstadt. Der jüngere, Zaliko, will ein richtiger Großstädter werden und heiratet, der ältere, Robinzon, wird von der Sehnsucht nach der alten Heimat geplagt. Zaliko fliegt mit seiner Frau nach Amerika, um eine angeblich schwere Krankheit behandeln zu lassen, Robinzon kehrt während bewaffneter Auseinandersetzungen (wir erfahren nicht, ob in Ossetien oder Abchasien oder anderswo), in sein altes Dorf zurück. Dort erfährt er, dass sein Bruder Haus und Grundstück verkauft und damit seinen Amerikaflug finanziert hat. Damit nicht genug, schreibt ihm der Bruder, dass die Krankheit nur vorgetäuscht war. Aber von seinem Traum vom eigenen bebauten Land will Robinzon nicht lassen. Auf einer benachbarten Brachwiese ackert und sät er, doch die Einschläge kommen immer näher. Die Nachbarn fliehen, einige Männer fallen im Kampf. Der neue Besitzer seines Vaterhauses vermacht ihm Robinzons einstiges Grundstück, um es zu schützen. Und Robinson bleibt, er ist entschlossen, seinen Garten zu verteidigen.
Damals gab es gar kein Gebiet, Mann! Von keinem Krieg!
Das war eine normale Gegend, die grün vor sich hin wogte. Mein hirnloser Bruder ist daran schuld, dass von Anfang an alles schiefgelaufen ist, denn andernfalls...
Das Haus am Dorfrand gehörte uns. Dort, sieh mal, genau dort, wo jetzt die ganze Zeit Maschinengewehre gackern. Apropos Gackern, damals gackerten lediglich die Hühner, im Himmel flogen Vögel und Flugzeuge, die friedlich ihren Ziel folgten... Nicht solche, die jetzt wie die Waldohreulen über uns fliegen!
Unser Haus war zweistöckig, aus weißen Ziegelsteinen gebaut. Ein schöner Vorhof, Obst- und Gemüsegärten...
Unsere Eltern waren die Tollsten. Gott segne ihre Seelen...
Mein Vater-Georgier wie alle seine Vorväter, ein Mann, der mit "Brot und Wein" nicht geizte, redegewandt, gut aussehend.... Lediglich die Oma meiner Mutter war Ossetin. So gesehen war bei meiner Mutter ein wenig fremdes Blut beigemischt, aber wer achtete auf so etwas, Mensch! Wir waren doch eh alle miteinander vermischt und verflochten. Meine Mutter war von seltener Schönheit. Mein Bruder Zaliko ähnelt ihr von den Augen her ein wenig... Dem Körperbau nach kommen wir, beide Brüder, unserem Vater nach, hoch aufgeschossen, dünn wie eine Bohnenstange, kräftig...
Unsere Eltern sagten in ihrem ganzen Leben einander kein einziges lautes Wort. Sie aßen und wärmten sich am Feuer nie ohne einander. Sie haben uns umsorgt, großgezogen, eine gute Bildung ermöglicht, uns zu Männern gemacht. Dann gaben sie sich die Hände und verließen gemeinsam diese Welt. Uns hinterließen sie den verstummten Hof samt Haus.
Mein Bruder Zaliko hatte Forstwirtschaft in der Hauptstadt studiert, ich hingegen Agrarwirtschaft. Wir wohnten zur Miete bei einer russischen Babulja in einer Einzimmerwohnung. Die Babulja wohnte in der Loggia, wir im Zimmer. Abends tranken wir aus Babuljas Samowar gemeinsam Tee. Sie erzählte uns öfters, wie sie einmal mit einem Kosakenataman Walzer getanzt hatte und ein anderes Mal mit einem lockenköpfigen Panzerfahrer bis nach Berlin gefahren war.
Bumm! und eines Tages entschloss sich mein Bruder, Zaliko zu heiraten. Er zog bei der Familie seiner Frau ein, in das gegenüberliegende Gebäude. Ich blieb bei Babulja allein. Nach nicht mal einem Jahr verstarb die arme Frau. Eine Sache ist, dass sie die Augen schloss und starb, eine andere - dass sie ihre Einzimmerwohnung samt ihrer ganzen Habe mir vermachte....
Weh dir, Robinzon! Meine Knie fingen an zu zittern und ich rannte in Richtung Hof. Ich kam mir wie in einem Traum vor. "Heh, Mama", wollte ich schreien, "heh, Vatter!" Keine Ahnung, wer von ihnen. Ich verwechselte das Jenseits und Diesseits. Ich rannte, und sieh da, unser Tor steht offen, Mann! Da steht doch Oleg in unserem Hof und zerkleinert das Brennholz. Olega, der Sohn von Zoja. Unser Nachbar. Währenddessen stand seine Frau mit breiten Hüften am Fuß der Treppe und rief die Hühner: "Putt! Putt! Putt!"