Neuerscheinungen 2018Stand: 2020-02-01 |
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Anton Vogel
Atka vom Langen Fluss
Wolfsmädchen
2018. 336 S. 19 cm
Verlag/Jahr: KINZEL 2018
ISBN: 3-9554410-3-2 (3955441032)
Neue ISBN: 978-3-9554410-3-6 (9783955441036)
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Südwestdeutschland, 14.000 Jahre vor unserer Zeit: Die junge Atka will bei ihrer Erwachsenenweihe nicht nur als Jägerin anerkannt, sondern von ihrer Großmutter Nokomi auch als neue Geistersprecherin des Volks ausgebildet werden. Doch die Suche nach dem Schutzgeist und der innere Weg zu sich selbst führen das Mädchen auf einen Weg neuer Konflikte und Entscheidungen. Nicht nur, dass ihr Vetter Utoko dasselbe Ziel verfolgt und ihr die Lehre zur Geistersprecherin streitig zu machen versucht. Als sich die Sippen zur alljährlichen Herbstjagd auf die wandernden Rentierherden versammeln, muss Atka eine Bewährungsprobe auf sich nehmen, von der das Wohlergehen der ganzen Gemeinschaft abhängt ...
Wird sie mit der Hilfe ihres Schutzgeists, des Wolfs, die richtigen Entscheidungen treffen und das Überleben der Sippe sichern helfen, während der Klimawandel der ausgehenden Eiszeit die Wanderbewegungen der Rentierherden und die gesamte Tundralandschaft zu verändern beginnt?
14.000 Jahre nach der Zeit,
in der unsere Geschichte spielt ...
... scheint die Sommersonne auf den Petersfels und den Eiszeitpark Engen. Fichtenmischwald und steile Wiesen umgeben die Höhle am Südhang des Brudertals, das nahe dem malerischen Städtchen Engen durch die Landschaft des Hegau schneidet. Vom Viadukt am Ende des Tals dringt gedämpft das Rauschen der Automotoren in die Stille und den Gesang der Vögel. Doch zu Füßen des Petersfels sowie der nahe gelegenen Gnirshöhle geben ein künstlich angelegtes Moor und kräuterreiche Wiesen einen Eindruck der Tundra-Vegetation, die am Ende der letzten Eiszeit an diesem Ort wuchs. Informationstafeln schildern das Leben der Jäger und Sammler, der Männer, Frauen und Kinder, wie es sich hier vor rund 14.000 Jahren abgespielt haben könnte.
Das Leben von Atka und ihrer Sippe ...
Erster Teil: Die Bestimmung
Aufbruch zum Geisterhügel
Jeder am Feuer ist wichtig. Jede Stimme in der Sippe zählt.
Atka erinnerte sich an die Worte Nokomis, ihrer Großmutter, der Geistersprecherin, während sie gemeinsam das Jagdlager verließen. Zelte, Feuerstelle und Stimmen blieben rasch am Fuß des Hangs zurück, ebenso die Flussquelle, die einen klaren Weiher füllte.
Nokomi griff sich an den Ästen des niedrigen Birkenwalds hangaufwärts. Einmal geriet sie auf einem besonders steilen, vom letzten Regen noch schlüpfrigen Felsstück ins Rutschen und fiel beinahe auf ihre ausgestreckten Hände. Atka wollte ihr helfen, doch Nokomi wies sie mit strengem Kopfschütteln zurück.
´Du darfst jetzt keinen anderen Menschen mehr berühren, Tochter meiner Tochter Nareka. Heute ist der Tag, da du dich an die Schwelle der Geisterwelt begibst. Bis die Ahnen dich geprüft und dir dein Schutztier gesandt haben, bist du unrein. Verlassen wirst du uns und in diesen Tagen und Nächten wie eine Tote sein. Niemals darf eine Tote unter den Lebenden weilen. Außerdem´, fügte sie schnaufend hinzu, ´wenn es eine alte Nokomi nicht mehr auf die Hügel schafft, ist ihre eigene Zeit wohl bald gekommen, und dann müsstet ihr rasch darüber nachdenken, wo ihr sie den Toten übergebt.´
In nachdenklichem Schweigen stieg Atka weiter. Feuchte Farne glitschten über die Beinlinge aus Rentierfell, die ihre Waden trocken und warmhielten. Arme, Hände und Gesicht hatte das Mädchen mit einer krustig aufgerissenen Paste aus rotem Steinstaub bestrichen - nicht nur zum Schutz vor den Mücken, die in der dampfigen Wärme umso aufdringlicher stachen, sondern auch, weil die Rötelfarbe - das ´Blut der Erde´ - die Tiergeister locken sollte. An dem Gürtel, der ihr Lederhemd zusammenhielt, baumelten mit den Riemen festgeknüpft ihre Schuhe und eine Rentierblase voll Trinkwasser. Das war die einzige Zehrung, die sie an den Ort der Geistersuche mitnehmen durfte. Sonst hatte sie nur noch ein kleines Hornsteinmesser bei sich. Es gehörte zur Prüfung, fast unbewaffnet in die Wildnis zu gehen und sich dem Wohlwollen der Tiergeister zu überlassen. Erst dann wären sie bereit, Atka als Jägerin anzunehmen, die ihre Körper töten konnte.
Auf den ausgetretenen Stufen des Hangpfads vorwärts huschend, ließ Atka die Bedeutung der Großmutterworte auf sich wirken: Jeder am Feuer ist wichtig. Das hieß, jeder hatte seinen Platz in der kleinen Sippe wie in den beiden großen Clans - den Bären- und den Rentierleuten. Jeder musste diesen Platz aber auch zum Segen der Gemeinschaft ausfüllen. Für sie war nun die Zeit gekommen, sich auf den Geisterhügel zurückzuziehen, zu fasten und darauf zu warten, dass die jenseitigen Wesen ihre Reife als erwachsene Frau anerkannten. Wenn sie aus der Einsamkeit zurückkehrte, musste sie zunächst der Wissenden Mutter von ihren Geister-Begegnungen erzählen. Im Herbst, wenn sich die Sippen zur Jagd auf die wandernden Rentierherden versammelten, würden die Ältesten und die Geisterseher der beiden Clans die jungen Leute noch einmal prüfen, um sie vor der Gemeinschaft als neue Jäger zu bestätigen