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Neuerscheinungen 2018

Stand: 2020-02-01
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Melanie Winkler

Homosexualität in den Texten Wolfgang Hernndorfs. Motive - Perspektiven - Reflexionen


2018. 84 S. 220 mm
Verlag/Jahr: DIPLOMICA 2018
ISBN: 3-9614665-5-6 (3961466556)
Neue ISBN: 978-3-9614665-5-9 (9783961466559)

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Als ein bedeutender Autor der Gegenwartsliteratur ist Wolfgang Herrndorf auch in der literaturwissenschaftlichen Forschung von großem Interesse. Das vorliegende Buch befasst sich speziell mit dem Thema Homosexualität, das in den fiktionalen Texten des Autors immer wieder an verschiedensten Stellen auftaucht, wie z.B. in Form des schwulen besten Freundes in ´In Plüschgewittern´ oder zweier exzentrischer Schriftsteller in ´Sand´. Die entsprechenden Werke werden daraufhin untersucht, welche Funktion das Thema Homosexualität jeweils einnimmt und welche Parallelen sich in dieser Hinsicht zwischen den Texten erkennen lassen. Denn auch wenn Homosexualität nie eine zentrale Rolle einnimmt und auf den ersten Blick vielleicht als nebensächliches Detail erscheint, erkennt man bei genauerer Betrachtung, dass sie eine gewichtige Rolle spielt für die große Suche nach der eigenen Identität, der letztendlich alle Herrndorf-Figuren nachgehen.
Textprobe:
Kapitel 3: Diesseits des Van-Allen-Gürtels:
Dieses 2007 erschienene Werk bewegt sich zwischen den Gattungen der Erzählsammlung und des Romans, da sich zwischen den einzelnen Erzählungen starke intratextuelle Beziehungen feststellen lassen. Es gibt dabei jedoch weder eine Haupterzählung noch eine reigenartige Verknüpfung der Geschichten.
In diesem Erzählband spielt das Thema Homosexualität vor allem in der ersten Erzählung "Der Weg des Soldaten" eine wichtige Rolle. Der beste Freund des Protagonisten erweist sich hier zwar nicht als homosexuell, aber als bisexuell, was homosexuelle Handlungen mit einschließt. Es soll gezeigt werden, dass sich auch beim Erzähler selbst homoerotische Tendenzen erkennen lassen, die er jedoch ablehnt und verdrängt, da er sie nicht in sein Selbstbild integrieren kann.
Des Weiteren sollen kurz die Erzählungen "Im Oderbruch", "Herrlich, diese Übersicht" und "Zentrale Intelligenz Agentur" Erwähnung finden, in denen das Thema Homosexualität allerdings eine weniger bedeutende Rolle spielt.
3.1: Der Weg des Soldaten:
In dieser Erzählung lernt der namenlose Ich-Erzähler Franco Cosic kennen. Beide beginnen gerade ihr Kunststudium und während Franco bereits nach kurzer Zeit erste Erfolge verbuchen kann, arbeitet der Erzähler immer mehr in einer Autolackiererei, anstatt sich seinem Studium zu widmen. Schließlich kommt auch Francos Freundin Mara in die Stadt, von der der Erzähler fasziniert ist. Als Franco denkt, sie habe eine Affäre, trifft er sich mit dem anderen Mann, den er im Nachhinein als Adonis bezeichnet, und entdeckt mit diesem seine Bisexualität. Der Erzähler reagiert auf diese Offenbarung mit Unverständnis und Ekel. Gegen Ende der Erzählung fahren alle vier zusammen nach Italien, allerdings werden sowohl der Adonis als auch der Protagonist von Mara und Franco an verschiedenen Raststätten zurückgelassen.
Als Franco und der Erzähler sich zu Beginn des Studiums wieder treffen, nachdem sie sich während der Aufnahmeprüfungen kennengelernt haben, hat letzterer noch keine anderen sozialen Kontakte geknüpft. Deshalb umarmt er Franco "leidenschaftlich", als dieser mit seinem Zettel vom Schwarzen Brett (ein Gesuch für einen Mitbewohner) wie mit einem Liebesbrief winkend vor ihm steht. Über seine Gefühle beim Wiedersehen lässt uns der Erzähler größtenteils im Unklaren. Möglicherweise ist er so einsam und ausgehungert nach sozialen Kontakten, dass er sich tatsächlich riesig freut den etwas verwahrlosten Franco zu sehen und in seine Wohnung aufzunehmen. Andererseits sind Begriffe wie "Liebesbrief" und "leidenschaftlich" in diesem Kontext eine ungewöhnliche Wortwahl und können auch andeuten, dass der Erzähler ein romantisches Interesse an Franco hat, anstatt ihn nur als Mitbewohner haben zu wollen. Diese Andeutung wird allerdings dadurch wieder aufzuheben versucht, dass der Erzähler anscheinend resigniert feststellt, dass er Franco wohl so schnell nicht wieder aus seiner Einzimmerwohnung "raus[...] kriegen" wird.
Nachdem der Erzähler Franco seine Wohnung zur Verfügung gestellt hat, damit dieser sich dort mit der Affäre seiner Freundin Mara aussprechen kann, findet der Erzähler lange blonde Haare und benutze Kondome vor. Er nimmt an, Franco habe gelogen und wollte dort nur einer eigenen Affäre nachgehen. Er ist wütend und ruft ihn nicht an. Natürlich könnte die Wut nur auf die vermeintliche Lüge zurückzuführen sein, man kann sie aber auch als Zeichen der Eifersucht deuten. Wenn er selbst ein erotisches Interesse an Franco hat, ist es verständlich, dass es ihn verletzt, wenn dieser in seiner Wohnung mit jemand anderem schläft.
Wie sich dann herausstellt, hat Franco sich tatsächlich mit Maras Affäre getroffen. Er beschreibt den jungen Mann als Adonis und sagt, dass er sofort verstanden habe, was Mara an ihm findet.
"Er redete von Liebe auf den ersten Blick und Leidenschaft. Sie hätten sich die Kleider vom Körper gerissen, es gebe nic