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Daniel Falb, Andreas Töpfer
(Beteiligte)
Orchidee und Technofossil
Gedichte
Illustration: Töpfer, Andreas
2019. 80 S. 21 cm
Verlag/Jahr: KOOKBOOKS 2019
ISBN: 3-937445-98-6 (3937445986)
Neue ISBN: 978-3-937445-98-4 (9783937445984)
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Orchidee und Technofossil versammelt vier lange Gedichte. Jedes davon ist ein ganzes Leben. Das ist heute ein Leben, das sich allein der industriellen Landwirtschaft und ihrem Haber-Bosch Prozess verdankt, nur als eines von 7,5 Milliarden überhaupt erscheinen kann, "unter der Haube / aus Linnen , / da" (Svalbard Paem). Ein generationales Leben - voller Spermien und Eizellen -, das Schulden und Vermögen aufhäuft und vererbt, das die 1% der Reichen produziert und sich schuldig macht, ohne jemals angeklagt zu werden (Geber Quartett). Ein krebskrankes Leben, dessen wucherndes Fleisch von Algorithmen und Big Data der Spitzenmedizin und dessen Gehirn von den Wucherungen der neuen Faschismen durchsetzt ist (Kanker Quartett). Und es ist ein Leben, das wir als Glied einer generationalen Kette in der tiefen Vorgeschichte einer Zukunft führen, welche unser ökologisches und geologisches Erbe empfängt - die Technofossilien aus dem frühen Anthropozän (Chicxulub Paem). Wie der italienische Autor und Philosoph Franco "Bifo" Berardi jüngst die Poesie als Mittel gegen die zerstörerische Macht der Finanzmärkte in Stellung brachte, so versteht Orchidee und Technofossil das Gedicht - "unter der Haube / aus Linnen , / da" - als Hort und Brutstätte neuer Intuitionen und Widerstandsformen für die neue, geologische Zeit.
- Daniel Falb
[Auf]
an den Strand, an dem Die Schwimmende Schildkröte
ihre Eier vergräbt.
Dort ist das Loch im Sand, wo sie
ihre Eier vergräbt.
Dort reinigt sie ihr Gefieder,
atmet Luft sich
in den Magen
(Sprechen ist Essen).
Dort ist die Grabestelle
in Cis-Cary Fowlers
Gesicht,
neben dem Kreuz,
an der vertäfelten Wunde.
Dort ist der Ort, an dem der Marsrover
Curiosity stehen geblieben ist,
und an dem meine Neugier an ein Ende
gekommen ist,
an einem Ball mit ungesehener Höhlenmalerei.
Dort aber schlüpfst du,
und zeigst mir ungefragt
den Inhalt deines "Magens"
- er ist noch weiß
und leer -,
da sich Svalbard Paem,
dein Leben,
- Dir -
übergibt.
Falb, Daniel
Daniel Falb, geboren 1977 in Kassel, lebt in Berlin. Er veröffentlichte drei Gedichtbände, zuletzt CEK, kookbooks 2015. In Übersetzung erschienen Naturezas-mortas sociais, Portugiesisch-Deutsch, Edition Sextante 2009, und New Zork, Niederländisch, Zegwerk 2014. Als philosophischer Autor arbeitet Falb zu Fragen der Geophilosophie, der kulturellen Evolution und der zeitgenössischen Poetik. Er war Kollaborateur der kollektiven Poetik Helm aus Phlox (mit A. Cotten, H. Jackson, S. Popp., M. Rinck), Merve 2011, in jüngerer Zeit erschien der Essay Anthropozän. Dichtung in der Gegenwartsgeologie, Verlagshaus Berlin 2015. Falbs Arbeit wurde mit zahlreichen Stipendien und Preisen gefördert, zuletzt mit dem Kurt Sigel-Lyrikpreis des PEN Zentrums Deutschland 2016. 2019 erscheint, als Beitrag zur geophilosophischen Metaphysik, die Abhandlung Geospekulationen. Metaphysik für die Erde im Anthropozän bei Merve.