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Marvin Jung

Die Sterbehilfe in der Diskussion. Rechtliche Grundlagen und ethische Aspekte nach dem zweiten Weltkrieg


Bachelorarbeit
2019. 60 S. 220 mm
Verlag/Jahr: BACHELOR + MASTER PUBLISHING 2019
ISBN: 3-9599308-0-1 (3959930801)
Neue ISBN: 978-3-9599308-0-2 (9783959930802)

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Die vorliegende Bachelorarbeit thematisiert die Sterbehilfe in der Diskussion und legt die rechtlichen Grundlagen sowie ethischen Aspekte nach dem zweiten Weltkrieg in Deutschland dar. Grund für die immer wieder aufflammende emotionale Diskussion um die Sterbehilfe ist der stetige Fortschritt der Medizin: Vor allem seit Mitte des 20. Jahrhunderts schreitet die Entwicklung in der lebensrettenden Akutmedizin kontinuierlich voran. Ziel der Bachelorarbeit ist es, ein einheitliches Verständnis des Sterbehilfe-Komplexes zu fördern, einen Überblick über die geschichtliche Entwicklung der Sterbehilfe nach dem zweiten Weltkrieg zu geben und die Sterbehilfe-Diskussion im Bundestag bis Mitte des Jahres 2015 darzustellen.
Textprobe:
Kapitel 3.1 Anstoß für die Sterbehilfe-Diskussion nach 1945: Euthanasie im Nationalsozialismus
In der Zeit des Nationalsozialismus wird die Euthanasie in einen Zusammenhang mit der Eugenik gebracht. Die Euthanasie unterliegt einer eugenischen Bedeutung. Durch die Morde im Nationalsozialismus zur Auslöschung "unerwünschter Existenzen" (Zülicke, 2005, S 46) im Rahmen der Rassenhygiene ist der Begriff Euthanasie noch heute negativ besetzt. In den Jahren um den zweiten Weltkrieg geht es nicht um einen "guten (schönen) Tod" (Kapitel 2.1), vielmehr geht es um eine aktive Sterbehilfe gegen den Willen des Betroffenen. Es soll die "nordische, arische oder germanische Rasse" (Zülicke 2005, S. 57) gestärkt werden. Ziel ist die Reinhaltung des deutschen Volkes. Die Nationalsozialisten erstellen Vernichtungspläne, in denen die Ermordungen eines "lebensunwerten Lebens" (zurückzuführen auf Binding & Hoche, 1920) systematisch geplant werden. Nach Hohendorf (2013, S. 73) sind der Reichsleiter Bouhler und der Arzt Dr. med. Brandt dafür verantwortlich, Ärzte auszuwählen, die den Krankheitszustand von Menschen beurteilen. Die ausgewählten Ärzte erlangen die Befugnis, Patienten dem "Gnadentod" (Hohendorf, 2013, S. 73) zuzuführen. Hitler ist sich zu diesem Zeitpunkt nicht sicher, inwiefern das Vorgehen Zustimmung oder Ablehnung in der deutschen Bevölkerung findet. Folge dessen gibt es keine gesetzliche Regelung zur Ermordung eines "lebensunwerten Lebens" (zurückzuführen auf Binding & Hoche, 1920). Die Nationalsozialisten propagieren für die "Reinigung des deutschen Volkskörpers" (Hohendorf, 2013, S. 74) und rechtfertigen ihr Vorgehen öffentlich durch den Krieg als Notsituation sowie den Mord als Gnadenakt. Die Lebenserhaltung minderwertiger Menschen stellt eine gesellschaftlich-ökonomische Belastung dar. Die Organisationszentrale der Massenmorde befindet sich in der Tiergartenstraße 4 in Berlin. Aus diesem Grund wird die organisierte Tötung als "T4-Aktion" (Hohendorf, 2013, S. 74-75/ 87) bezeichnet, bei der bereits von Januar 1940 bis August 1941 ca. 70 000 - 100 000 Menschen getötet werden (Fittkau & Gehring, 2008). Erst als im August 1941 Unruhe und Skepsis in der Bevölkerung aufkommt, stoppt Hitler alle Euthanasieprogramme (Hohendorf, 2013, S. 87). Nach seinem Aufruf, alle Euthanasieaktionen zu unterlassen, wird unter Ausschluss der öffentlichen Bekanntgabe weiter gemordet. Zülicke (2005, S. 59) bezeichnet die geheime Ermordung der Menschen als "wilde Euthanasie", durch die ein Anstieg der Gesamtmorde bis 1945 auf ca. 200 000 Opfer beschrieben wird (Aly, 2013, S. 9).
Aufgrund der beschriebenen Ereignisse wird die Zeit des Nationalsozialismus als "staatsrassistische Phase" (Fittkau & Gehring, 2008) und als ein prägendes Ereignis der Euthanasie/ Sterbehilfe beschrieben. Die Zeit des Nationalsozialismus wird immer wieder in aktuellen Diskussionen aufgegriffen, sodass eine weitere gesetzliche Regelung der Sterbehilfe in der Bundesrepublik Deutschland nicht selten Ablehnung findet (Schneider & Toyka-Seid, 2013).
3.2 Sterbehilfe in der Nachkriegszeit:
In der Nachkriegszeit dominiert das Schweigen über Euthanasie und Sterbehilfeprogramme. Vor den Gerichten gilt nach wie vor, dass die "Vernichtung eines lebensunwerten Lebens" (zurückzuführen auf Binding & Hoche, 1920) den Tatbestand des Mordes darstellt und somit zu bestrafen ist. Aus diesem Grund werden Taten, zu denen ausreichende Beweise vorliegen, vor Gerichten verhandelt (Benzenhöfer, 2009, S. 118-122). So findet beispielsweise 1947 vor dem Landgericht in Dresden eine Verurteilung mehrerer Angeklagten aus der Tötungsanstalt Pirna-Sonnenstein und Großschweidnitz statt. Trotz des vorherrschenden Schweigens über die Euthanasie im Nationalsozialismus werden vor allem Berichte, die im Zusammenhang mit den Nürnberger Ärzteprozessen stehen, publiziert. "Das Diktat der Menschenverachtung" von Mitscherlich und Mielke (1947) soll im Jahre 1947 ein reali