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Neuerscheinungen 2010

Stand: 2020-01-07
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Erasmus Schöfer

Der gläserne Dichter


Eine Besichtigung
2010. 143 S. 21 cm
Verlag/Jahr: DITTRICH, BERLIN 2010
ISBN: 3-937717-38-2 (3937717382)
Neue ISBN: 978-3-937717-38-8 (9783937717388)

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Überraschungen waren immer möglich. Eine SatzSuite konnte glänzender, genauer scheinen als die ursprünglich anvisierten Gedanken. Dann musste er sich erst daran gewöhnen, sie als seine eigne zu betrachten. So konnten unvermutet, unverlangt auftauchende Wörter zum Jungbrunnen eines Gedankens werden, den er eigentlich als abgenutzt und ausgeleiert schon hatte zurückweisen wollen. Manche Wörterfolgen, die offenbar in solcher Schönheit oder Überzeugungskraft noch nie zuvor auf Papier gestanden hatten, luden ihn ein, seine Seele in ihnen zu baden.
Zahlreich sind in den vergangenen Jahrhunderten die Zeugnisse über die Entbehrungen, die manchmal sogar lebensgefährdenden Anstrengungen der Autoren bei der Herstellung ihrer Kunstwerke. Der gläserne Dichter ist ein Buch, das anschaulich macht: Kunst geht aufs Ganze. Der Dichter, dessen Existenzweise Erasmus Schöfer hier erkundet, wird einer Analyse unterworfen, die wie eine Computertomografie den Autor seziert - bis in die feinsten und geheimsten Antriebe und Bedingungen seines Lebens. Es ist eine unbarmherzig radikale Expedition in das Dasein dieses namenlosen Künstlers. Das Motiv der Forschungsreise ist, die psychischen, die materiellen und sozialen Widerstände aufzudecken, die dem Gelingen eines Kunstwerks in allerRegel entgegenstehen, deren Spuren aber meist aus ihnen getilgt sind, wenn es denn gelungen ist. Künstlerbiografien, selbst oder fremd verfasste, haben es bisher kaum gewagt, die Schaffensbedingungen künstlerischer Arbeit aus solch schonungsloser Nähe auszuleuchten. Zu Schöfers bitter-ironischem Porträt gehört die Schilderung sowohl des alltäglich-banalen Arbeitskampfes des Dichters am Schreibtisch mit seinen eigenen Schwächen, mit seinem Text und seiner Sprache, als auch seines Kampfes mit den Menschen und Kräften, die in der gesuchten Öffentlichkeit, dem Literaturmarkt, der Gesellschaft, eine Anerkennung und Wirkung seines Werks behindern. Dabei geht es Schöfer nicht um eine Zeichnung der erfolgverwöhnten Großschriftsteller - obwohl auch deren Existenz (gut verheimlicht) ähnliche Merkmale aufweisen dürfte -, sondern eher um Dichter, deren Werk erst spät oder nach ihrem Tod gerühmt, in seinem Wert und seiner Wahrheit erkannt wird.
Der hier geschilderte Dichter ist kein versponnener Romantiker. Er ist ein Realist, scharfsichtig und selten barmherzig gegenüber sich selbst und der Welt, in die er geboren worden ist.
"Redakteure und Lektoren verstanden es, die Zwangslage, in der sie sich durch Spielplan, Verlagsprogramm oder das Überangebot an Manuskripten befanden, so ergreifend darzustellen, dass er sich als ein Schuft vorkommen musste, durch sein Manuskript zur Vermehrung ihrer aufreibenden Konflikte beigetragen zu haben ..."
1931 bei Berlin geboren und dort aufgewachsen, hat später in Köln, Freiburg, München, Neuss, in Paris und auf den Inseln Patmos und Ithaka als freier Schriftsteller gelebt. Er arbeitete mehrere Jahre in Berliner und Kölner Fabriken, promovierte in Bonn in Sprachwissenschaft und Philosophie, war einer der Gründer und Vorsitzender des ´Werkkreis Literatur der Arbeitswelt´, Mitinitiator und Autor des ´Industrietheater Der Wahre Anton´ und Mitarbeiter im Bundesvorstand des Verbandes deutscher Schriftsteller (VS). Er ist seit 1980 Mitglied des deutschen P.E.N.-Zentrums. Zwischen 2001 und 2008 veröffentlichte er im Dittrich Verlag den Zeitroman in vier Bänden ´Die Kinder des Sisyfos´. Erasmus Schöfer lebt seit dreißig Jahren vorwiegend in Köln.