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Neuerscheinungen 2010

Stand: 2020-01-07
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Ulrike Barow

Baltrumer Bärlauch


Inselkrimi
2010. 256 S. 19 cm
Verlag/Jahr: LEDA VERLAG 2010
ISBN: 3-939689-31-9 (3939689319)
Neue ISBN: 978-3-939689-31-7 (9783939689317)

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Auf der Suche nach Bildern ihres Lieblingsmalers Walter Bertelsmann fährt Inga Tarmstedt, eine junge Bildhauerin aus Worpswede, auf die Nordseeinsel Baltrum. Dort freundet sie sich mit Lena Tarmstedt, der Enkelin ihrer Pensionswirtin,an. Doch ihr Aufenthalt wird von einer Katastrophe überschattet: Lenas Großvater, der launische Hinrich Claassen, der sich mit einem Freund zum Strandgutsammeln verabredet hat, wird bewusstlos am Strand gefunden und stirbt später im Krankenhaus. Schon bald gibt es Zweifel, ob er wirklich eines natürlichen Todes gestorben ist. Wenig später wird ein junger Mann tot am Strand entdeckt. Haben Inselpolizist Michael Röder und seine Kollegen vom Festland es mit zwei Morden zu tun? Inga kümmert sich um Lena und versucht nebenher, mehr über den Inselaufenthalt des berühmten Malers zu erfahren. Doch irgendjemand scheint etwas dagegen zu haben.
"Wenn Inga Tarmstedt gewusst hätte, dass ihrem Stöbern in alten Kunstbänden so viel Unheil folgen würde, wäre sie ganz gewiss im Cafe Scheibner sitzen geblieben und hätte sich ein weiteres ihrer heiß geliebten Buchweizentortenstückchen mit Blaubeeren genehmigt.
So aber saß sie an diesem warmen Tag wie angenagelt in einem der alten Sessel im Worpsweder Antiquariat und blätterte und blätterte. Der nette Antiquar hatte seine Brille auf die Stirn geschoben und einen Band nach dem anderen aus den hohen Regalen gesucht, als sie ihre Wünsche geäußert hatte. Wünsche, die für den Mann tägliches Brot waren. Hier, umgeben von endlos scheinenden Bücherreihen, würde sie mit Gewissheit Informationen über die berühmte Künstlergruppe finden, die vom Ende des vorletzten bis zur Mitte des letzten Jahrhunderts das Bild dieses Ortes geprägt hatte. Wer sich in Worpswede befand, diesem beschaulichen Ort nahe Bremen, interessierte sich für Namen wie Mackensen, Vogeler, Hoetger, Rilke und Modersohn. Deren Schaffen begegnete man hier, wo Kunsthallen, Galerien und kleine Kunstgewerbegeschäfte auf engstem Raum vereint waren, an jeder Straßenecke.
Wieder nahm Inga einen Kunstband in die Hand. Ein Mädchen mit einem Blumenkranz leuchtete ihr vom Titel bild entgegen, gezeichnet im Profil, mit ausgeprägten Gesichtszügen. Natürlich, Paula Modersohn-Becker, wer sonst konnte dieses Bild gemalt haben? Sie hatte viele Biografien dieser außergewöhnlichen Frau gelesen, die ihr Leben kompromisslos der Kunst untergeordnet hatte, zumindest wenn man den Schreibern glauben durfte. Und so manches Mal hatte Inga darüber nachgedacht, ob auch sie in der Lage wäre, ihren Weg für die Kunst so konsequent zu gehen. Bis jetzt hatte sie noch keine Antwort darauf gefunden.
Sie blätterte weiter bis zu dem Bild einer zwischen zwei Bäumen aufgehängten Leine, an der Wäsche flatterte, vom Wind in der Bewegung getrocknet. Das ist es, dachte sie, das Leben auf dem Dorf in seiner ganzen Einfachheit und zugleich Gesamtheit. Die Landschaft, die Menschen und Ihr Atem stockte. Sie hatte die nächste Seite aufgeschlagen, und ihr Blick fiel auf einen Himmel, durchzogen von weißen und grauen Wolkengebilden und widergespiegelt in den kurzen, unruhigen Wellen eines breiten Flusses. In der Mitte des Stromes zwei Segelboote.
Sie las den Namen unter dem Bild. Walter Bertelsmann. Dieser Name war ihr unter den berühmten Worps wedern noch nie aufgefallen.
Lange betrachtete sie das Bild und plötzlich hatte sie das Gefühl, Teil dieser Landschaft zu sein. Sie sah sich am Ufer des Flusses stehen und den Schiffen nachschauen. Kleine Wellen umspielten ihre Füße, und sie spürte den Wind auf ihren Armen.
Inga war beeindruckt. Wenn schon ein kleiner Abdruck in einem Buch so tiefe Gefühle bei ihr hervorrief, wie müsste es dann erst sein, vor einem echten Bertelsmann zu stehen?
´Haben Sie über diesen Maler noch mehr Bücher?´, fragte sie den Antiquar.
´Walter Bertelsmann, warten Sie, ich schau mal eben nach. Soviel ich weiß, gibt es über ihn nicht viel Material, obwohl er in seinem Leben wohl mehr als tausend Bilder gemalt hat.´ Nach einem Blick in seinen Computer stand er auf. ´Wir haben Glück, ich habe eine Biografie über ihn da, von Thomas Felgendreher. Es ist der einzige ausführliche Band, der über ihn erschienen ist.´ Nach kurzem Suchen reichte er Inga das Buch über die Ladentheke.
Inga begann, sich in das Leben des Malers einzulesen, und merkte nicht, wie die Zeit verging. Erst als der nette Herr hinter der mit Büchern vollgepackten Theke ein paarmal verstohlen auf seine Uhr schaute, klappte sie die Seiten zusammen und sagte fröhlich: ´Das nehme ich mit. Danke für Ihre Geduld. Und einen schönen Feierabend wünsche ich Ihnen.´
Mit dem Buch unter dem Arm ging sie zurück zu dem Atelier, das ihr seit fünf Monaten als Zuhause auf Zeit diente.
Mit einem Ruck drehte sich Inga um.
´Ich werde hinfahren ..."