Neuerscheinungen 2011Stand: 2020-01-07 |
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Thomas Vesting
Die Medien des Rechts: Sprache
2011. 240 S. 22 cm
Verlag/Jahr: VELBRÜCK 2011
ISBN: 3-942393-05-0 (3942393050)
Neue ISBN: 978-3-942393-05-8 (9783942393058)
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Im Zentrum dieses Bandes steht die Evolution von (Laut-)Sprache und ihre Verwendung für
Rechtszwecke in oralen Kulturen. Recht ist keineswegs im Sinne mehr oder weniger voll expliziter Sätze gebunden. Ungeschriebenes Recht existiert zunächst in eher kryptischen, das gesamte praktische Wissen übergreifenden Wortformeln,
die eng an das situationspragmatische Handeln innerhalb oraler Kulturen und ihrer Lebensformen gebunden sind. Im Zentrum dieses Bandes steht die Evolution von (Laut-)Sprache und ihre Verwendung für Rechtszwecke in oralen Kulturen. Recht ist keineswegs im Sinne mehr oder weniger voll expliziter Sätze gebunden. Ungeschriebenes Recht existiert zunächst in eher kryptischen, das gesamte praktische Wissen übergreifenden Wortformeln, die eng an das situationspragmatische Handeln innerhalb oraler Kulturen und ihrer Lebensformen gebunden sind.
Das Schicksal und die Zeit Kurz vor dem Beginn des König Ödipus treffen sich Teiresias und der Hirte. Sie sind jetzt die einzigen, die die ganze Geschichte kennen. Teiresias in seiner Eigenschaft als Seher, die keiner weiteren Begründung bedürftig ist. Der andere ist dagegen ein Kunstprodukt. Ursprünglich war er ein Diener des Lajos. Er brachte den Säugling Ödipus in die Berge, durchstach ihm die Füße und übergab ihn mitleidig seinem korinthischen Kollegen. Viele Jahre später wurde er Zeuge, wie ein junger Mann Lajos tötete. Der junge Mann wurde später König von Theben. Daraufhin ließ sich der Diener versetzen und hütete Ziegen und Schafe. Wie alle in diesem Stück ist er voller Ahnungen. Daß der hinkende Königsmörder und das Kind mit den blutenden Füßen dieselbe Person sind, geht ihm unter dem Sternenhimmel auf. So ist er das proletarische Gewissen des König Ödipus. Der Kithairon ist der Ort, an dem Anfang und Ende dieses Schicksals ineinandergreifen.
Dort beratschlagt er mit Teiresias über den Fortgang der Geschichte. Hirte: Du wirst nicht schweigen können, Teiresias. Immer hast du die Nähe zur Macht geliebt. Gleichzeitig willst du beweisen, dass sie von dir abhängig ist. Das alte Orakel, dass Ödipus mit seiner Mutter schlafen und seinen Vater töten wird, stammt es nicht von Dir? Teiresias: Ich werde nicht schweigen können. Die Religion ist doch eine Funktion der Herrschaft. Unser Kampf um die wahre Vertretung der apollinischen Gebote ist Schein. Ich bin ein Teil von Ödipus. Er will, daß ich rede, und ich werde mich ihm nicht widersetzen. Hirte: Auch ich bin ein Teil von Ödipus. Eine Natur, die überleben will. Ein Vater, der seinen Tod nicht wünscht. Eine Mutter, die ihn in den Schein der Freiheit entlassen möchte. Der Arme ist vielleicht zu kurz in dem Bergen gewesen. Zu viel herumgereicht. Er war noch sehr klein, als er zum Hof von Korinth kam. Jetzt glaubt er, er wäre für alles verantwortlich. Teiresias: Was willst Du tun? Ödipus wird nach Dir schicken als dem letzten Zeugen von Lajos Tod.
Der Hirte überlegte. Er sah folgende Möglichkeiten: 1. Versuchen, Schweigen zu bewahren. Aber er war nicht mutig und wußte nicht, ob seine Kräfte dafür reichen würden. Und er würde sich mit aller Kraft gegen"sein Kind" zu wehren haben.
2. Er konnte sich so schnell wie möglich an den Hof begeben, um Jokaste einzuweihen. Er wußte allerdings nicht, wie sie es aufnehmen würde. Dunkel hatte er die Königin als verzehrend und schön in Erinnerung. Wollte sie Ödipus schützen? Hatte sie vor, mit ihrem Sohn gemeinsam unterzugehen? So entschied er sich ´ der Seher hatte ihn unterdes verlassen und war nach Theben zurückgekehrt ´, sich zu verstecken. Es war die einfachste Lösung. Der Kreis des Schicksals könnte durch eine Zeitlücke unterbrochen werden. Er hatte sich an das Leben unter freiem Himmel gewöhnt, und er verstand, dass das Drama nur im Rahmen einer gewissen Beschleunigung des Geschehens möglich ist. Jeder Tag im Versteck würde Ödipus zugute kommen. Es gab andere, langsamere Möglichkeiten der Aufklärung als die Katastrophe, die er voraussah. Den Gedanken eines Umsturzes der Verhältnisse, mit dem er eine Zeitlang geliebäugelt hatte, verwarf er einstweilen.