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Manfred E. A. Schmutzer
PANTA RHEI
Die Geburt der Wissenschaften
2011. 440 S. 22 cm
Verlag/Jahr: VELBRÜCK 2011
ISBN: 3-942393-16-6 (3942393166)
Neue ISBN: 978-3-942393-16-4 (9783942393164)
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Weder die Zwangsmechanik der Evolution, noch das Genie eines Thales von Milet oder die Erfindung von Münzen und Warentausch haben zur Geburt der Wissenschaft in Hellas geführt, sondern die Erfindung eines allgemein gültigen Rechts, gepaart mit einem wachsenden Zweifel an den olympischen Göttern. Das zeigt die vorliegende Arbeit und positioniert sich im gängigen Diskurs mit einer neuen Sichtweise auf die gesellschaftliche Bedeutung von Wissenschaft.
Wissenschaften sind spezifische Ausprägungen von Ideologien. Sie entstanden zunächst als Religionsersatz in der griechischen Antike zur Legitimation nötiger sozialer Innovationen. Heute bezeichnen wir dies als "Naturphilosophie". Da die Art der Legitimation sozialer Innovationen vorrangig von jenen sozialen Institutionen abhängt, die zu legitimieren sind, entstand unter römischen Vorgaben eine unterschiedliche Wissenschaft. Die Bedingungen der Entstehung von Wissenschaften und deren nachfolgende Transformationen bis zu ihrer Kanonisierung zeichnet dieser Band für beide Fälle kursorisch nach.
"Wissenschaft ist entstanden. Aber wann? Und warum?
Bereits beim "Wann" gehen die Meinungen auseinander, auch weil der Begriff "Wissenschaft" unterschiedlich gedeutet wird. Versteht man Wissenschaft als "Alma Mater", als nährende Mutter, die für das Brot ihrer Kinder sorgt, dann wird ihre Entstehung gerne mit dem Namen eines Renaissance-Politikers verknüpft, Francis Bacon. Versteht man Wissenschaft hingegen als ein Verfahren zur Erkenntnisgewinnung, dann einigen sich die Geister gerne darauf, ihre Geburt in der griechischen Antike anzusiedeln. Die "Alma Mater" nährt unter diesen Umständen, so meint man, ausschließlich den Geist.
Die vorliegende Arbeit tritt beiden Positionen entgegen. Denn das Gemeinwohl bestimmt sich nicht allein aus der hinreichenden Verfügung über Brot, so wenig wie die Nahrung des Geistes nicht nur aus der bewunderungswürdigen Schönheit abstrakter Konfigurationen besteht. Vor allem zur Frage des "Warum" beleuchtet die vorliegende Arbeit neue Aspekte. Das Zusammenfallen der "Geburt" von Wissenschaften mit der Geburt von Verfassungen in den griechischen Poleis wurde bislang meistens übersehen. Stattdessen schenkte man der Erfindung von Geld in der Form von Münzen, dem Entstehen von Märkten und dem Warentausch erhöhte Aufmerksamkeit; oder man zog es im idealistischen Kontext vor, sich einem individualistischen Ansatz - dem Kult der Genies - zu verschreiben.
Zentral für den möglichen Genuss materieller wie geistiger Produkte ist - wie auch die jüngsten Entwicklungen in den arabischen Ländern deutlich machen - die Wahrung von sozialem Frieden, von den Griechen als Eirenne oder auch Eunomia bezeichnet. Voraussetzung für das Erreichen dieses Ziels sind gerechte Gesetze, die Ungleichheit und Benachteiligung sowie daraus resultierenden Streit und Zwietracht beenden und verhindern helfen. Diese Sicht vertraten bereits die Sophisten und vor ihnen Solon.
Was haben aber nun Verfassungen mit Naturwissenschaft zu tun? Sie übernehmen in dieser Phase sozialer Entwicklung von den Religionen eine bedeutende Aufgabe. Beide bieten Welterklärungsmodelle an, welche nicht nur die mystischen Bedürfnisse einfacher Menschen befriedigen sollen, sondern vorrangig eine soziale Aufgabe zu erfüllen haben: die Legitimation der vorherrschenden gesellschaftlichen Ordnung. Wenn, wie in der fraglichen Zeit, tradierte Religionen an Überzeugungskraft verlieren, bedarf es anderer Legitimationsinstrumente, um Gesetze und Gerechtigkeit zu begründen. Solche wurden in der Natur gesucht und zum Teil auch gefunden...."