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Helen Fehervary, Anna Seghers, Bernhard Spies
(Beteiligte)
Erzählungen 1924-1932
2014. 351 S. 205 mm
Verlag/Jahr: AUFBAU-VERLAG 2014
ISBN: 3-351-03470-9 (3351034709)
Neue ISBN: 978-3-351-03470-2 (9783351034702)
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Anna Seghers vollzog in den Jahren 1924 bis zu ihrem erzwungenen Exil 1932 einen erfolgreichen Start in die deutsche Literatur. Die Verleihung des Kleist-Preises markierte ihre Anerkennung als Erzählerin der Moderne. Mit ihrem eigenwilligen Erzählstil geriet sie allerdings in ein Spannungsfeld kontroverser Positionen. Einerseits wurde sie, die junge Kommunistin, von den KPD-Medien dafür scharf attackiert, andererseits wurden ihre sozial orientierten Themen und ihre Ästhetik durchaus von der bürgerlichen Kritik geschätzt. So rühmte Hermann Hesse sie als "die merkwürdigste und imponierendste Erscheinung" unter den Autorinnen dieser Zeit.
Wie ein Sturzbach, sagte Anna Seghers später, seien die frühen Erzählungen aus ihr herausgebrochen. Zu den Zeugnissen dieser Zeit gehören die erst postum veröffentlichte "Legende" vom Bischof, der zum Lustmörder wurde, und die Geschichte des Jungen Jans, der die Rückkehr ins Leben mit dem Tode bezahlt. Beide Texte, bisher in einer bearbeiteten Lesefassung erschienen, sind hier in ihrer Originalfassung wiedergegeben. Seghers setzte mit ihrem Frühwerk Signale eines unwiderruflichen Ausbruchs aus der bürgerlichen Normalität. Nach den in kunstvoller, dunkler Phantastik und in expressionistischer Dichte gehaltenen Geschichten findet Seghers in den 1930er Jahren zu radikal neuen Erzählformen. Sie entwickelt einen Erzählstil, der sich an filmischen Darstellungen orientiert, und sie setzt konsequent Gestaltungsformen der Moderne ein.
Immer wieder konzentriert sich Seghers auf Entscheidungssituationen, in denen sich der Einzelne bewähren muss. Waren die früheren Erzählungen Beispiele existentieller Extreme, geht es später um das gewöhnliche Leben, das im Anschluss an eine kämpfende Gemeinschaft Erfüllung findet.
Der Kommentar wertet die erhaltenen zeitgenössischen Materialien aus und kann sich dabei auf solche Raritäten stützen wie eine frühe handschriftliche Fassung zu "Grubetsch" und ein Typoskript von "Die Ziegler". Sie vermitteln einen seltenen Einblick in den Schreibprozess von Seghers.
Der Bandbearbeiter Peter Beicken ist Professor für deutsche Sprache, Literatur, Kultur und Film an der University of Maryland, College Park.
Der Band enthält die Erzählungen:
"Die Legende von der Reue des Bischofs Jehan d´Aigremont von St. Anne in Rouen", "Jans muss sterben", "Die Toten auf der Insel Djal", "Grubetsch", "Der letzte Mann der ´Höhle´", "Die Wellblech-Hütte", "Die Ziegler", "Bauern von Hruschowo", "Auf dem Wege zur amerikanischen Botschaft", "Marie geht in die Versammlung", "Der Führerschein" "Die Stoppuhr".
Seghers, Anna
Netty Reiling wurde 1900 in Mainz geboren. (Den Namen Anna Seghers führte sie als Schriftstellerin ab 1928.) 1920-1924 Studium in Heidelberg und Köln: Kunst- und Kulturgeschichte, Geschichte und Sinologie. Erste Veröffentlichung 1924: "Die Toten auf der Insel Djal". 1925 Heirat mit dem Ungarn Laszlo Radvanyi. Umzug nach Berlin. Kleist-Preis. Eintritt in die KPD. 1929 Beitritt zum Bund proletarisch- revolutionärer Schriftsteller. 1933 Flucht über die Schweiz nach Paris, 1940 in den unbesetzten Teil Frankreichs. 1941 Flucht der Familie auf einem Dampfer von Marseille nach Mexiko. Dort Präsidentin des Heinrich-Heine-Klubs. Mitarbeit an der Zeitschrift "Freies Deutschland". 1943 schwerer Verkehrsunfall. 1947 Rückkehr nach Berlin. Georg-Büchner-Preis. 1950 Mitglied des Weltfriedensrates. Von 1952 bis 1978 Vorsitzende des Schriftstellerverbandes der DDR. Ehrenbürgerin von Berlin und Mainz. 1978 Ehrenpräsidentin des Schriftstellerverbandes der DDR. 1983 in Berlin gestorben.
Romane: Die Gefährten (1932); Der Kopflohn (1933); Der Weg durch den Februar (1935); Die Rettung (1937); Das siebte Kreuz (1942); Transit (1944); Die Toten bleiben jung (1949); Die Entscheidung (1959); Das Vertrauen (1968). Zahlreiche Erzählungen und Essayistik.