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Michael Neureiter
Die Risikogesellschaft von Ulrich Beck
Konzept, Kontext und Kritik. Kurzstudie
2014. 24 S. 220 mm
Verlag/Jahr: BACHELOR + MASTER PUBLISHING 2014
ISBN: 3-9582009-4-X (395820094X)
Neue ISBN: 978-3-9582009-4-4 (9783958200944)
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Einen vielbeachteten Erklärungsansatz der modernen Gesellschaft stellt das von dem deutschen Soziologen Ulrich Beck entworfene Konzept der sog. Risikogesellschaft dar, das er 1986 in seinem gleichnamigen Buch erstmals vorgestellt hat. Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, die zentralen Merkmale der Risikogesellschaft herauszuarbeiten und prägnant darzustellen, um dem Leser auf diese Weise einen Überblick über Becks relativ komplexe Gegenwartsdiagnose zu verschaffen. Darüber hinaus wird erläutert werden, in welchem Kontext die Risikogesellschaft im Hinblick auf Becks Gesamtwerk zu verstehen ist. Der dritte und letzte Punkt dient zur Darstellung eventueller Schwächen und Probleme des Konzepts der Risikogesellschaft. Dazu wird exemplarisch auf die Kritik der beiden deutschen Soziologen Rainer Geißler und Richard Münch eingegangen.
Textprobe:
Kapitel 1.4, Individualisierung in der Risikogesellschaft:
Der letzte Abschnitt weist bereits auf einen weiteren wichtigen Aspekt von Becks Konzept hin. So ist die bisher dargestellte Verteilungslogik von Modernisierungsrisiken und die in ihnen enthaltene sozi-ale und politische Konflikt- und Entwicklungsdynamik nur ein Kennzeichen der Risikogesellschaft, wenn auch ein wesentliches. Dieses wird jedoch überlagert durch gesellschaftliche, biographische und kulturelle Risiken und Unsicherheiten, die in der fortgeschrittenen Moderne das soziale Binnen-gefüge der Industriegesellschaft soziale Klassen, Familienformen, Geschlechtslagen, Ehe, Elternschaft, Beruf und die in sie eingelassenen Basisselbstverständlichkeiten der Lebensführung ausgedünnt und umgeschmolzen haben. Dieses zweite zentrale Merkmal der Risikogesellschaft, das wie auch schon in 1.3 ansatzweise dargestellt eng mit dem ersten in Verbindung steht, bezeichnet Beck als Individualisierung . Hierunter versteht er einen Prozess, der aus drei Dimensionen besteht:
Individualisierung bedeutet erstens die Herauslösung aus historisch vorgegebenen Sozial-formen und bindungen. Dies betrifft nicht nur die bisher angesprochene (teilweise) Abkehr von den traditionellen sozialen Schichten und Klassen. Gemeint ist auch die Herauslösung aus bestimmten anderen Lebensformen, so z. B. aus der konventionellen Familie und aus überkommenen Rollenbildern, v. a. der Geschlechterrollen.
Dies geht einher mit einem Verlust von traditionellen Sicherheiten im Hinblick auf Handlungswissen, Glauben und leitende Normen. Der Einzelne kann sich in seinem Verhalten also nicht mehr so sehr an den bisherigen Sozialformen und bindungen orientieren, die ihm in der Vergangenheit ein hohes Maß an Verhaltenssicherheit garantiert hatten.
Da sich der Mensch jedoch nach einem gewissen Maß an Verhaltenssicherheit sehnt, führt diese Orientierungslosigkeit zu einer neuen Art der sozialen Einbindung. So ist der Einzelne nun auf der Suche nach alternativen Sozialformen und bindungen, in die er sich einfügen kann.
Dieser für die Risikogesellschaft essentielle Prozess soll nun etwas ausführlicher erläutert werden. Beck ist der Ansicht, dass sich in den letzten Jahrzehnten enorme Verbesserungen in den Bereichen Einkommen, Bildung, Mobilität, Konsum, Arbeitszeit usw. ergeben haben, und zwar für alle Gesellschaftsmitglieder. So bestehen zwar auch heute noch (teils starke) Ungleichheiten zwischen den traditionellen sozialen Schichten, jedoch haben diese aufgrund der verbesserten Lebensbedingungen aller an Schärfe verloren. Beck spricht in diesem Zusammenhang vom sog. Fahrstuhl-Effekt : der Wohlstand der Bevölkerung wurde bei weiterhin bestehenden Ungleichheiten insgesamt um eine Etage nach oben gefahren. Diese Anhebung des Lebensstandards hat neben weiteren Komponenten dazu geführt, dass sich die Angehörigen der verschiedenen Klassen in zahlreichen Bereichen wie z. B. dem Massenkonsum vermischen, wodurch die Grenzen zwischen ihnen verschwimmen. Das Mehr an Einkommen bei gleichzeitig sinkender Arbeitszeit führt indes zu einer bisher nicht da gewesenen Gestaltbarkeit des Lebens außerhalb der Erwerbstätigkeit. Neben der Lage der sozialen Schichten hat sich in den letzten Jahren auch die der Frauen gravierend geändert. So ist die Erwerbsbeteiligung der Frauen seit den 70er Jahren kontinuierlich gestiegen, wodurch sie den Männern heute weitgehend gleichberechtigt gegenüberstehen. Diese Veränderung des Frauenbildes blieb für die gesellschaftliche Struktur nicht folgenlos: Nicht nur die weiblichen Gesellschaftsmitglieder selbst haben noch teilweise mit ihrem veränderten Rollenbild zu kämpfen, auch die Männer haben durch diese Entwicklung ihre Stellung als Ernährer und Familienvorstände eingebüßt, die ihnen in der Vergangenheit ein hohes Maß an Orientierung geboten hatte. Es kommen neue Verpflichtungen auf sie zu (Stichwort: Hausmann), mit denen sie erst einmal wenig anfangen k