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Sarah Naglik

Das wiederkehrende Motiv des Bösen in phantastischer Kinder- und Jugendliteratur


Erstauflage. 2014. 124 S. 220 mm
Verlag/Jahr: DIPLOMICA 2014
ISBN: 3-9585066-7-4 (3958506674)
Neue ISBN: 978-3-9585066-7-1 (9783958506671)

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Es wird schwer zu bestreiten sein, dass das Böse in der Welt existiert und deshalb auch in der Literatur thematisiert worden ist und wird. Das Böse wird niemand in Worte fassen können, denn es ist nicht greifbar.
Die phantastische Kinder- und Jugendliteratur spielt, von den Märchen der Gebrüder Grimm bin hin zu J.K. Rowlings Harry-Potter-Zyklus, eine wichtige Rolle in der Literaturgeschichte. Die Präsenz des Bösen ist hierbei ein immer wiederkehrendes Motiv. Im Zentrum der meisten Erzählungen steht stets der Kampf zwischen Gut und Böse.
In dieser Studie untersucht der Autor die Charakteristika phantastischer Kinder- und Jugendliteratur und erforscht, warum diese auch erwachsene Leser begeistert. Anhand detaillierter Analysen klassischer phantastischer Werke gewährt das Buch einen Einblick in die Darstellung des Bösen und vermittelt dem Leser einen Eindruck der Faszination, die das Böse seit Jahrhunderten auf das Lesepublikum ausübt.
Kapitel II., Das Böse:
Es wird schwer zu bestreiten sein, dass das Böse in der Welt existiert und deshalb auch in der Literatur thematisiert worden ist und wird. Der Kampf zwischen dem Guten und Bösen nimmt einen zentralen Platz in der phantastischen Kinder- und Jugendliteratur ein. Das Böse wird niemand in Worte fassen können, denn es ist nicht greifbar. Nach klaren Definitionen wird man vergebens suchen. Die Definition aufstellen zu wollen wäre utopisch, denn jedes Individuum hat subjektive Vorstellungen des Bösen; ein Konsens ist unmöglich. Jeder Mensch bewertet das Böse subjektiv und legt für sich selbst fest, was das Böse ist. Auch Lacroix stellt fest, dass die Kategorien von Gut und Böse je nach Epochen, Orten und Individuen veränderlich sind (Lacroix 1998, S. 108). Dabei ist der nie festlegbare Kern des Bösen (Häring 2003, S. 101) nicht zu unterschätzen.
1., Was ist das Böse? Ein Definitionsversuch:
Das Böse wird oft in einem Atemzug mit dem Guten erwähnt, weshalb sich viele Definitionsversuche des Guten bedienen, um von ihm ausgehend das Böse einzugrenzen. So sieht man in der klassischen Definition des Bösen vor allem die Abwesenheit des Bösen. Lacroix (1998, S. 59f) bestätigt dies: Traditionell sieht man [...] [in der klassischen Definition] einen Mangel , ein Fehlen oder Verfehlen , eine Unvollkommenheit , ein Nichtvorhandensein oder ein Weniger . Sich bei dieser Definition lediglich auf einen Mangel, ein Fehlen des Guten zu beziehen ist jedoch nicht ausreichend.
Was assoziiert man nun mit dem Begriff des Bösen? Als das wirklich Böse gilt stets etwas, von dem man unbedingt überzeugt ist, dass es nicht sein sollte, das man auf keinen Fall will (Simonis 1999, S. 210). Ein Mensch kann sich böse oder boshaft verhalten, das personifizierte Böse aber ist real nicht existent. Trotz oder gerade wegen seiner Unbestimmtheit ist der Begriff des Bösen polymorph. Safranski (1997, S. 17) hält dagegen, dass das Böse kein Begriff sei, sondern lediglich ein Name. Das Böse kann dabei
sowohl [...] in einem abstrakten Sinn gemeint [sein] oder, besser gesagt, der Glaube, dass es das Böse an sich gibt, als auch das ganz konkrete Böse in verschiedenen Handlungen der Menschen von der gemeinen Lüge und Intrige über Beschädigung fremden Eigentums, Diebstahl und Raub bis zu Brandstiftung, Vergewaltigung und Mord. (Wuketits 1999, S. 41).
Das Böse steht sowohl für bösartige Krebstumore, bezeichnet aber auch die aus-beuterische Skrupellosigkeit weißer Geschäftsleute in Afrika oder Südamerika, die Korruption, die Verbrechen der Nationalsozialisten im III. Reich, den Hass jugendlicher Amokläufer an Schulen, den Terrorismus, den Missbrauch von Schutzbefohlenen oder Kriegsverbrechen. Auch Wuketits (1999, S. 41) bestätigt die Vielfalt des Bösen: Die[..] Palette ist sehr breit; es gibt kaum etwas, was Menschen anderen Menschen noch nicht angetan haben . Das Böse ist überall und omnipräsent. Es begegnet uns tagtäglich in den Medien, sei es die Nachricht über den Selbstmordattentäter im Irak, der 50 Menschen mit in den Tod riss, Bilder von verhungerten Kindern im Internet oder Fernsehserien wie CSI (Crime Scene Investigation), in denen das detaillierte Obduzieren von Leichen zum Alltagsgeschäft gehört. Das Drama des World Trade Centers in New York am 11. September 2001 führte zur Definition einer axis of evil [Achse des Bösen] durch den amerikanischen Präsidenten und zum Kampf gegen das Böse in der ganzen Welt (Ritter, Schlumberger 2003, S. XI).
Der Philosoph Lacroix (1998, S. 7) unterscheidet zwischen dem Unausweichlichen und dem Unakzeptablen also zwischen dem, was schicksalhaft ist, und dem, was der Absicht entspringt, anderen zu schaden . In der Theologie und der Philosophie wird das physische Übel/Böse, das der Mensch erleidet, dem moralischen Übel/Bösen, das der Mensch begeht, gegenübergestellt. Damit rückt man im ersten Falle in die Position des Objekts, im zweiten in die Posit