---

Die Kurzgeschichten geben Momentaufnahmen wider, die Gedichte dazwischen Seelenzustände.

---

Die Kurzgeschichten geben Momentaufnahmen wider, die Gedichte dazwischen Seelenzustände.

Mir träumte

Ich war müde, sehr müde, trotzdem hielt ich ihr meine Hand hin.
Sie spielte mit ihr in der Luft, nur ihr Hauch berührte mich.
Jeder meiner Bewegungen folgte sie, ihre Augen ließen nicht von mir ab.
Sie machte mir Angst, ich wusste nicht ihren Namen.
Ich konnte sie nicht fragen, sonst wäre sie ohne einen Laut gegangen. Auch trennten uns die Sprachen.
Hätte ich ihren Namen gewusst, hätte die Angst keine Macht über mich gehabt.
So war sie einfach nur da, mit ihr die Angst.
Meine Hand gehörte ihr, ich wollte nicht, dass sie aufhörte mit ihr zu spielen.
Sie blieb in meiner Nähe, keine Bewegung wagte ich in dieser tiefen Stille, als nur noch wir beide waren.
Plötzlich traf mich ihr Atem, der Biss schmerzte nicht.
Als der Arzt sagte, es sei zu spät, ich hätte zu lange gewartet, blendete mich das kalte, helle Licht. Das war das Ende der Angst.
Ich erwachte, zeigte ihr meine Hand, sie berührte sie zärtlich, sagte leise. "Jetzt ist es vorbei."

---

Gerber, Wilfred
Ich wurde in Salzwedel (DDR) geboren. Machte 1969 in Berlin mein Abitur und schon 1972 verwiesen sie mich von der HU-Universität, um mich kurz darauf in eines ihrer Gefängnisse zu stecken. Zehn Jahre vor dem Mauerfall verließ ich das Land und lebe jetzt in Frankfurt. Wenn ich nicht schreiben kann, male ich eben.

---