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Neuerscheinungen 2015

Stand: 2020-02-01
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Olav Meyer-Sievers, Olav Meyer- Sievers (Beteiligte)

Diffuses Licht


Roman
2015. 224 S. 20 cm
Verlag/Jahr: MÄNNERSCHWARM 2015
ISBN: 3-86300-189-3 (3863001893)
Neue ISBN: 978-3-86300-189-6 (9783863001896)

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Nach der Scheidung der Eltern lebt Tom mit seiner Mutter wie in einer Wohngemeinschaft zusammen, und mit Till hat er auch die Hürde des Coming-out locker überstanden. Die Frischverliebten fahren in den Urlaub, doch als sie zurückkommen, ist etwas Furchtbares geschehen: Toms Mutter hat Selbstmord begangen. Tom lernt, dass Nähe und Verlust zusammen gehören, und aus Angst vor weiteren Enttäuschungen zieht er sich in seine Kifferträume zurück. Ein halbes Leben rauscht wie hinter einer Glasscheibe an ihm vorüber, bis ihn eine neue Katastrophe aus der Apathie reißt.
Flokatis, Jimi Hendrix und leichte Drogen: die "fetten" 1970er und 1980er Jahre nehmen in diesem Roman noch einmal Gestalt an. Meyer-Sievers hat mit Tom einen charmanten Antihelden geschaffen, der am liebsten ein Pfeifchen reinzieht und den großen Durchblick sucht. Am Ende gelingt ihm das auch, doch anders als erwartet.
Step hatte einen Freund aus Berlin mitgebracht: Mike, einen schwarzen Amerikaner. Mike sah toll aus, er war schlank, etwa so groß wie ich und zeigte vor allem ein wunderbar strahlendes Lächeln mit schneeweißen Zähnen. Wenn mich dieses Lächeln im Vorbeigehen oder -tanzen traf, wurde ich verlegen. Gleichzeitig merkte ich, dass ich ständig danach Ausschau hielt, wo sich Mike gerade befand - und dass ich ihn intensiv beobachtete, wenn ich mich von ihm unbeobachtet fühlte. Mann, sah der gut aus! Als ich mir meinen fünften oder sechsten Persiko aus der Küche holen wollte, rauschte ich direkt auf Mike zu. Ausweichen, ohne aufzufallen, ging nicht.
´Hi, I´m Mike!´, stellte er sich vor.
´Oh. Äh. - Hi. - I´m Tom!´
´Nice to meet you!´ Mike strahlte mich an.
´Äh, ja. - Me too!´ Oh je, sagt man das so? Mein Schulenglisch lag seit Längerem brach und war ohnehin rudimentär.
Mike lächelte.
´Were do you come from?´, fiel mir ein. Glück gehabt.
´From the States. Boston.´
´Aha. Äh, I´m from Hamburg.´ - Mein Gott, was für eine bescheuerte Aussage. Das dürfte ihm klar gewesen sein.
Mein Gehirn ratterte. Was sag´ ich denn jetzt? Irgendetwas mit Ostküste? East Coast? Vielleicht heißt die in Amerika ganz anders. Liegt Boston überhaupt an der Ostküste? - ´How old are you?´ fiel mir als Möglichkeit ein. Nee, blöde Frage. Ratter. ´How do you do?´ Geht auch nicht, das ist doch eine Begrüßungsfloskel, oder? ´How are you?´ Wäre das passend? Innerlich rauchte mein Kopf, äußerlich grinste ich dämlich. Mike lächelte charmant.
Step erlöste mich, indem er Mike am Arm packte und durch die Wohnung zog: ´Come on! Let me introduce you to some of my friends!´
Cool und lässig wie immer.
Im Gehen drehte sich Mike noch einmal zu mir um: ´See you later!´
Ich stand da wie bedeppert. Wow, ist der Typ toll.
Eine gute Stunde später war ich in etwa bei Persiko zehn oder elf angelangt, auf der Grundlage von diversen Gläsern Wein, Bier oder was auch immer. Ich tanzte nicht mehr, sondern torkelte.
Ich fand Mike in unserem Zimmer vor dem Kachelofen. Er redete mit jemandem, den ich nicht kannte. Ich steuerte direkt auf Mike zu. Er sah mich an - und lächelte. Ich torkelte vorwärts und zielte direkt auf seinen Kopf. Dann drückte ich meinen Mund mitten auf sein wunderbares Lächeln. Mein Gott, was tu ich da! Mike war verdattert, aber dann öffnete er seinen Mund für viel mehr als ein Lächeln.
Wir küssten uns eine gefühlte Ewigkeit, dann kippte ich ihn oder er mich oder wir uns auf meine Liegewiese, mitten zwischen den Gästen. Dezenterweise zogen sich diese nach und nach zurück. Der Letzte machte die Tür hinter sich zu.

Die Nacht mit Mike war großartig, leidenschaftlich, geil. Kein Funken von Unsicherheit oder Verlegenheit. Nähe, Lust, Ekstase. Mann, fühlte der sich gut an, roch der gut, war der sexy! Und: Mann, war es toll, dass Mike mich auch so toll fand! - Irgendwann schliefen wir ineinander verschlungen ein.
Am späten Vormittag wachte ich mit einem dicken Kater auf. Mein Kopf lag in Mikes Nacken, meine Nasenspitze parkte hinter seinem Ohr. Ich hatte meine Arme von hinten um seine Brust geschlungen, fühlte seine Wärme und spürte das Pochen seines Herzens. Das war schön. Als Mike aufwachte, drehte er sich zu mir um und schaute mir in die Augen. Dann sagte er: ´I love you!´
Ach je. So eine Liebesnummer. Nein, nein, auf so etwas lass ich mich nicht ein. Der will aus mir und sich ein ´Wir´ machen. Aus der Konstruktion wird nichts. Da steh ich drüber.
´Sorry. I don´t believe in love´, sagte ich zu Mike. Immerhin mal ein Satz auf Englisch, der mir ganz gut über die Lippen ging.
´Are you kidding?´, fragte Mike ungläubig.
Ich stand auf und machte Kaffee.