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Irma Joubert, Thomas Weißenborn (Beteiligte)

Und über uns die Sterne


Übersetzung: Weißenborn, Thomas
1. Aufl. 2015. 288 S. 21,5 cm
Verlag/Jahr: FRANCKE-BUCHHANDLUNG 2015
ISBN: 3-86827-515-0 (3868275150)
Neue ISBN: 978-3-86827-515-5 (9783868275155)

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Südafrika 1932
Kate hat es satt, von ihrer Familie in Watte gepackt zu werden. Die ambitionierte Soziologiestudentin aus gutem Hause will sich im Rahmen ihres Studiums mit der Armut unter den Weißen in Südafrika beschäftigen. Dazu muss sie in die Armenvierteln gehen. Doch ihr Vater fürchtet um das Wohl seiner Tochter. Und auch ihr Verlobter hat Bedenken. Kate aber ist hartnäckig. Und so wird ihr schließlich ein Angestellter ihres Vaters als Leibwächter zur Seite gestellt. Der ist zunächst wenig begeistert von seinem neuen Job als "Babysitter" einer reichen Dame. Aber wie lange kann er dem Charme der jungen Studentin widerstehen? Und was wird Kates Verlobter dazu sagen?
Kapitel 1
März 1962
Castelnau, Südfrankreich

Mohnblumen übersäten wie leuchtend rote Blutstropfen die Wiesen und Felder hinter Castelnau. Beim Anblick der zarten Blumen atmete Gabriella Madison tief ein. Lebensblut und ewige Hoffnung.
Sie schloss die Augen und ihr Herz schlug höher. Mohnblumen erinnerten sie an David. Mohnblumen erinnerten sie an ihre Liebe zu ihm. Aber er war jetzt in Algerien. Vielleicht hatte er sogar schon Ophélies Mutter, Anne-Marie, gefunden. Gabriella wünschte sich so sehr, dass er jetzt neben ihr stünde.
Ophélies Stimme riss sie aus ihren Gedanken. "Bribri, glaubst du, Papa und Mama kommen heute zurück?"
Gabriella schüttelte den Kopf und ihre roten Haare schimmerten wie die Farbe der Abendsonne auf einem Fluss. "Heute noch nicht, Ophélie. Aber sehr bald."
Saßen sie in dieser Minute zusammen und lachten miteinander? Ließen sie alte Zeiten Revue passieren und erzählten sich, was sie in den letzten sieben Jahren, die sie getrennt gewesen waren, erlebt hatten? Erklärte David ihr, was hier im verschlafenen Castelnau passiert war? Hatte er Gabriellas Namen überhaupt erwähnt?
Sie unternahmen einen Spaziergang, Gabriella und eine ganze Kinderschar. Jetzt waren sie am Ortsrand von Castelnau angekommen und vor ihnen breiteten sich die Felder, Wiesen und Weinberge aus. Die Kinder folgten brav paarweise ihrer jungen Maîtresse, hielten sich an den Händen und plapperten aufgeregt. Gabriella warf einen Blick ans Ende der Gruppe und sah Schwester Rosaline, die etwas außer Atem war und mit rot glühendem Gesicht winkte.
"Es sind alle da", rief die Nonne fröhlich in ihrem melodischen Französisch. "Alle dreiundvierzig."
Gabriella winkte zurück und lächelte die Kinder an. "Wollt ihr noch ein wenig weiter gehen? Wir sind gleich am Park."
Ein einstimmiges "Oui, Maîtresse" war die Antwort. Und so gingen sie auf einem schmalen Feldweg weiter zu einer Wiese, die von großen Zypressen umgeben war. Am hintersten Ende der Wiese befanden sich mehrere Wippen, einige Klettergerüste und eine alte Schaukel.
Dieser Spaziergang vom Waisenhaus zum Spielplatz war - vorausgesetzt, das Wetter spielte mit - ein tägliches Ritual nach dem Mittagessen geworden. Mutter Griolet hatte anfangs gezögert. Sie hatte Bedenken gehabt, dass die Leute im Ort anfangen könnten, Fragen zu stellen. Immerhin hatte sich die Belegung des Waisenhauses innerhalb weniger Monate verdoppelt. Aber Gabriella und Schwester Rosaline hatten nicht locker gelassen. Die neuen Kinder waren laut, verängstigt und unruhig. Wenn sie zusammen waren, benahmen sich die Kinder wie eingesperrte, wilde Tiere. Sie mussten sich auf einem Raum, der größer war als der Innenhof des Pfarrgeländes von St. Joseph, austoben können.
Gabriella machte sich Sorgen um Mutter Griolet. Seit David fort war und sie so viele neue Kinder aufgenommen hatten, konnten sie die festgelegten Tagesabläufe im Waisenhaus nicht mehr umsetzen.
"So ist es am Anfang immer", hatte Mutter Griolet Gabriella beruhigt. "Im Zweiten Weltkrieg geriet eine Weile auch alles aus den Fugen, aber irgendwann entwickelte sich eine neue Routine."
Gabriella war davon nicht so ganz überzeugt. Seit jenem Krieg waren über fünfzehn Jahre vergangen, und Mutter Griolet war keine junge Frau mehr. Sie war immer noch agil, ja, aber plötzlich sah sie in ihrer Schwesterntracht ziemlich alt aus. Ihr Gesicht war faltiger geworden und ihre grünen Augen leuchteten nicht mehr so klar wie früher.
Dreiundvierzig Waisenkinder und zweiundvierzig amerikanische Studentinnen wären für eine gesunde junge Frau schon schwer zu bändigen. Für eine zweiundsiebzigjährige Frau war diese Aufgabe inzwischen vielleicht zu anstrengend.
Ophélie ließ ihre Freunde allein weiterspielen und kam zu Gabriella gelaufen.
"Bribri", begann das Kind und spielte mit Gabriellas langen, roten Locken. "Wie wird es sein, wenn Mama, Papa und du hier zusammen seid?" Sie zog die Nase kraus und schaute sie mit ihren leuch