Neuerscheinungen 2015Stand: 2020-02-01 |
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Rebekka Jilg, Karen Witemeyer
(Beteiligte)
Volldampf voraus!
Übersetzung: Jilg, Rebekka
1., Aufl. 2015. 283 S. 205 mm
Verlag/Jahr: FRANCKE-BUCHHANDLUNG 2015
ISBN: 3-86827-518-5 (3868275185)
Neue ISBN: 978-3-86827-518-6 (9783868275186)
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Texas 1851
Der Unternehmer Darius Thornton hat seit einem schrecklichen Schiffsunglück nur noch einen Wunsch: die Schifffahrt sicherer zu machen. Dazu führt der zurückgezogen lebende Unternehmer gefährliche Experimente an brodelnden Kesseln durch. Für seine Berechnungen braucht er dringend einen Sekretär.
Als einzige Tochter und Erbin von Renard Shipping steht die pfiffige Nicole Renard, die schon immer Spaß am Rechnen hatte, vor der Aufgabe, ihrem Vater einen würdigen Ehemann zu präsentieren. Als sie aufgrund widriger Umstände plötzlich völlig mittellos dasteht, entdeckt sie eine vielversprechende Stellenanzeige.
Es dauert nicht lange, bis die Funken sprühen und es heißt: Volldampf voraus!
Kapitel eins
Galveston, Texas
April 1851
Nicole Renard umklammerte den Brief ihrer Mutter, während die Kutsche die Bath Street entlangrumpelte, weg von der Hafenanlage. Komm sofort, hatte ihre Mutter geschrieben. Dein Vater ist sehr krank. Er wird das Ende deines Schuljahres nicht mehr erleben.
Nicole hatte sofort ihre Sachen gepackt und Miss Rochesters Akademie für junge Damen gleich am nächsten Morgen verlassen.
Die Reise, die im letzten Herbst wie im Fluge vergangen war, hatte sich nun auf der Rückreise unendlich in die Länge gezogen. Ihr Magen war vor Angst und Sorge so verknotet gewesen, dass sie ihr Abteil kaum verlassen hatte. Als Kind war sie immer untröstlich gewesen und hatte geweint, wenn ihr Kapitänsvater sie unter Deck geschickt hatte, wo sie nicht die Gischt des Ozeans auf dem Gesicht gespürt und den salzigen Geruch der See in der Nase gehabt hatte. Die Luft und der Wind hätten sie nur an den kräftigen, vor Gesundheit strotzenden Mann erinnert, der ihr Vater einst gewesen war. Seine Krankheit hatte ihm all das geraubt."Guter Gott", flüsterte sie zum hundertsten Mal, seit sie Boston verlassen hatte. "Nimm ihn mir nicht weg. Bitte. Stärke ihn. Heile ihn. Gib mir meinen Vater zurück."Ihre Hand zitterte, zerknitterte den Brief. Sie presste ihn gegen ihre Brust und blinzelte die Tränen zurück, die ihr unaufhörlich über die Wangen laufen wollten. Nicole biss sich auf die Zunge. Heute würde es keine Tränen geben. Ihr Vater hasste Tränen, sie seien ein Zeichen von Schwäche, Weiberkram. Ein Mann würde nicht weinen. Ein Mann würde versuchen, die Dinge zu regeln. Also würde sie genau das tun. Die Dinge regeln.
Sie würde ihrer Mutter sagen, wie sie ihn zu pflegen hatte. Sie würde sich die Geschäftsdaten anschauen und jeden Tag im Renard Shipping Büro nach dem Rechten sehen und ihren Vater auf dem neusten Stand halten. Sie würde sich als der Sohn beweisen, den er sich immer gewünscht hatte.
Als die Kutsche um eine Kurve fuhr, stützte sich Nicole ab, um nicht aus dem Gleichgewicht zu kommen. Nur noch fünf Minuten, dann wäre sie zu Hause. Sie sah aus dem Fenster und nahm die bekannte Landschaft wahr, dabei machte ihr Herz bei der sumpfigen Umgebung einen Freudensprung.
Dann sah sie es - Renard House. Die weißen Säulen standen stolz und aufrecht, genau wie sie sie in Erinnerung hatte. Ihr Blick wanderte zu dem Fenster im zweiten Stock, ihrem alten Kinderzimmer. Das Licht, das dort schien, zauberte ein Lächeln auf Nicoles Gesicht. Immer, wenn sie und Tommy Ackerman zu lange draußen im Sumpf geblieben waren, geangelt oder Pirat gespielt hatten, hatte ihre Mutter eine Lampe in ihr Fenster gestellt, um ihr den Weg nach Hause zu weisen, wenn es dunkel geworden war. Jetzt, Jahre später, als sich der Abend über die Insel senkte, lockte immer noch dieselbe Lampe.
Als der Fahrer die Kutsche anhielt, wartete Nicole nicht, bis er ihr beim Aussteigen half. Sie öffnete die Tür und sprang nach draußen, raffte ihre Röcke, um sicherzugehen, dass sie nicht stolperte. Ihr Herz hämmerte in einer Mischung aus Freude und Schmerz, als sie auf ihr Heim zulief. Bevor sie die Veranda erreichte, hatte ihre Mutter die Tür schon geöffnet und ihre Arme weit ausgebreitet."Maman!" Nicole rannte die Stufen hinauf und warf sich ihrer Mutter in die Arme. Im Bruchteil einer Sekunde waren all ihre Sorgen wie weggeblasen. Sie war zu Hause. Ihre Maman hielt sie. Alles würde gut werden.
Zusammen schwankten sie nach rechts und links und ihre Mutter summte, wie sie es schon getan hatte, als Nicole noch klein genug gewesen war, um auf ihren Schoß zu krabbeln."Es ist schön, dich wieder hier zu haben, ma petite." Ihre Mutter trat einen Schritt zurück, nahm Nicole bei den Händen und musterte ihr Gesicht, als befürchte sie, sie habe vergessen, wie ihre Tochter aussah. "Aber warum stürmst du so auf mich zu?" Ein Funkeln erhellte ihre wunderschönen braunen Augen, als sie eine Braue hob. "Dein Vater und ich ha