Neuerscheinungen 2015Stand: 2020-02-01 |
Schnellsuche
ISBN/Stichwort/Autor
|
Herderstraße 10 10625 Berlin Tel.: 030 315 714 16 Fax 030 315 714 14 info@buchspektrum.de |
Karl P. Schwarz
Die Vermarktwirtschaftlichung sozialer Hilfebedarfe
Entfremdungsprozesse als Wirkfaktoren in pädagogischen bzw. sozialen Einrichtungen. Dissertationsschrift
2015. 515 S. 210 mm
Verlag/Jahr: PLÖGER 2015
ISBN: 3-89857-301-X (389857301X)
Neue ISBN: 978-3-89857-301-6 (9783898573016)
Preis und Lieferzeit: Bitte klicken
Die neoliberale Marktradikalität dominiert nun global wie national,
d. h. die Ideologie einer Privatisierung weiterer gesellschaftlicher
Ebenen (Energie, Bahn, Kliniken, ...) erreicht auch den dritten Sektor der Volkswirtschaft und damit die Bildungs- und Sozialeinrichtungen.
Das persönliche Unbehagen, die Gesetze des Marktes quasi "alter nativlos" bedienen zu müssen, aktiviert den Wunsch nach Widerspruch gegen eine privatwirtschaftlich priorisierte pädagogische Berufsethik. Die Verpflichtung, zukünftig als "Verkäufer sozialer Produkte" dem
betriebswirtschaftlichen Kennzahlendiktat des Sozialmarktes weitest gehend verpflichtet zu sein, provoziert die folgende zentrale These:
Die sogenannte Kundenbeziehung zwischen dem Pädagogen als Dienstleister und dem Hilfesuchenden als sogenanntem Kunden
mündet in einem Dienstleistungsangebot als Sozialware, als entfrem deter gemeinsamer Gegenstand, der tendenziell beide Seiten in einen Verkaufsprozess zwingt.
Diese in Gang gesetzte Vermarktwirtschaftlichung des Pädagogischen führt zu erheblichen Auswirkungen und Risiken für die betroffenen Menschen, ihre Selbsthilfeorganisationen, die Institutionen und die
Mitarbeiter/innen in der pädagogischen Praxis.
Vorwort
Im Mittelpunkt dieser Dissertationsschrift steht der Paradigmenwechsel bisheriger "Sozialstaatlichkeit" durch den gesetzlichen Auftrag an die pädagogischen bzw. sozialen Einrichtungen, sich zu sozialbetrieblichen "Dienstleistungsunternehmen" zu transformieren. Die (pädagogisch) Verantwortlichen sind nun aufgerufen Marktlichkeit zu erlernen, pädagogische bzw. soziale "Produkte" warenwirtschaftlich zu generieren und dem Sozialmarkt zuzuführen.
Das eigene (pädagogische) Unbehagen, in verantwortlicher Position die Gesetze des Marktes quasi "alternativlos" bedienen zu müssen, aktiviert persönlich den Wunsch nach Widerstand gegen eine privatwirtschaftlich determinierte Berufsethik. Die persönliche Verpflichtung, als "Verkäufer sozialer Produkte" einer betriebswirtschaftlichen Ideologie des Sozialmarktes weitestgehend ausgeliefert zu sein, provoziert die zentrale Frage dieser Untersuchung:
Gibt es Möglichkeiten zu einer (allgemeinen) Pädagogik des Widerstehens in pädagogischen bzw. sozialen Einrichtungen im Hinblick auf einen dialogischen Prozess des Werdens von Mündigkeit?
Die innovative, zukunftssichernde und kundenorientierte neue Sozialrechtsgesetzgebung geht derzeit in die zweite Runde, d. h. die weitere konkrete Ausgestaltung "sozialbetrieblicher Konformität" beginnt mit den Beschlüssen der Länderkommission (AMSK) zur Reform der Eingliederungshilfe. Diese Arbeit versucht durch eine Kritik an der aktuellen sozialpolitischen Praxis und den daraus resultierenden pädagogischen Konsequenzen die Hintergründe der politischen und ökonomischen Dimensionen der "sozialen Frage" historisch aufzuarbeiten und deren Bedeutung für eine pädagogische Grundlegung (u. a. exemplarisch an der Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderung) von Mündigkeit im Sinne des Widerstehens gegen eine weitere Ökonomisierung des gesellschaftlichen Lebens aufzuzeigen.
In diesem Zusammenhang werden die "praxisphilosophischen Grundlagen einer Allgemeinen Pädagogik" (vgl. Bernhard 2011) und die wesentlichen Forschungsergebnisse der kritischen Behindertenpädagogik (vgl. Jantzen 1990) zielführend genutzt. Die aus der Analyse resultierenden Fragestellungen und Thesen sind die jeweils zentralen Forschungsaufgaben bzw. Positionierungen als ein Versuch, nicht nur durch theoretische, sondern auch praktische Überlegungen zu einem Widerstehen gegen die Vermarktlichung in pädagogischen bzw. sozialen Einrichtungen zu ermutigen.
Sollte durch diese kritische Analyse derzeitiger Vermarktlichungspraxis in sozialen Handlungsfeldern das Interesse der Betroffenen geweckt werden, sich dem Thema intensiver zu widmen, wäre der Anspruch dieser Arbeit erfüllt.