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Sebastian Castellio, Hans-Joachim Pagel, Wolfgang Fr. Stammler, Werner Stingl
(Beteiligte)
De arte dubitandi et confidendi, ignorandi et sciendi / Die Kunst des Zweifelns und Glaubens, des Nichtwissens und Wissens
Übersetzt von Werner Stingl und kommentiert von Hans-Joachim Pagel; Herausgegeben von Wolfgang Fr. Stammler
1. Aufl. 2015. 402 S. m. 27 Abb. 212 mm
Verlag/Jahr: ALCORDE 2015
ISBN: 3-939973-65-3 (3939973653)
Neue ISBN: 978-3-939973-65-2 (9783939973652)
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Sebastian Castellio beschreibt mit eigenen Worten, worum es ihm in diesem Buch geht:
"Oft verfehlen sich die Menschen, indem sie glauben, wo sie eigentlich zweifeln sollten, und indem sie zweifeln, wo sie glauben sollten. Und manche Dinge wissen sie nicht, die sie eigentlich wissen sollten, und andere Dinge behaupten sie zu wissen, die sie für ihr Seelenheil gar nicht zu wissen brauchen. So entstehen die fruchtlosen Streitigkeiten unter den Theologen, die den Laien überhaupt nichts nützen."
"Ich habe dem Buch den Titel gegeben ´Die Kunst des Zweifelns und Glaubens, des Nichtwissens und Wissens´, weil in ihm gelehrt wird, woran man zweifeln und worauf man vertrauen soll, und was man nicht zu wissen braucht und was man wissen muss." (Sebastian Castellio)
Dass schon der Titel der Schrift seinen Lesern auffallen und sie interessieren oder ärgern würde, war Castellio 1563 durchaus klar. Bewusst war ihm auch, wie revolutionär dieser Gedanke auf seine dogmatisch zerstrittenen Zeitgenossen wirken musste.
Anlass für dieses Buch waren für Castellio die unsäglichen Wirren und Zerwürfnisse innerhalb der Reformation. Der Streit ging im Wesentlichen um das "richtige" Verständnis der Bibel. Dies schuf Raum für viele einander ausschließende Deutungen und führte zu strengen dogmatischen Abgrenzungen - am Ende nicht selten auch zu Hinrichtung und Tod auf dem Scheiterhaufen für Andersdenkende.
Als Heilmittel gegen diese religiöse Entmündigung des Menschen postulierte Castellio die Kunst des Zweifelns: die Fähigkeit, sich kraft eigener Vernunft aus den Fesseln dogmatischer Zwänge zu befreien und zu lernen, das zu Bezweifelnde von dem zu Glaubenden und das zu Wissende von dem zu wissen nicht Notwendigen zu unterscheiden und am Ende zu der einem jeden Menschen innewohnenden Wahrheit zu gelangen.
Dieses Buch gilt als das heimliche Hauptwerk, die summa summarum von Castellios Denken und Schaffen. Er schrieb es 1563, in seinem letzten Lebensjahr. Das Manuskript blieb unvollendet und galt lange Zeit als verschollen. Erst Anfang des 20. Jahrhunderts hatte man es in Rotterdam entdeckt. 1981 wurde es vollständig ediert und für diese Ausgabe erstmals ins Deutsche übersetzt.
Wolfgang Friedrich Stammler, geboren 1948 in Blaubeuren, aufgewachsen in Stuttgart. Studium der Geschichte, Politik, Soziologie und Romanistik in Tübingen. 1973 - 1999 tätig als Lektor und Verlagsleiter in verschiedenen Buchverlagen. Seit 2001 als freier Autor tätig für Rundfunk und Presse in Essen.
Der Basler Humanist und Gelehrte Sebastian Castellio wurde 1515 als Sohn einer Bauernfamilie in Savoyen geboren. Seine Studienzeit verbrachte er 15351540 in Lyon, wo er Griechisch und Latein studierte. 1540 zog er nach Straßburg und machte dort die Bekanntschaft von Johannes Calvin, dem späteren Reformator von Genf. 1541 wurde er als Mitarbeiter Calvins in die Leitung des Collège de Rive nach Genf berufen. Bereits wenige Jahre später überwarf er sich wegen theologischer Fragen mit dem in Glaubensdingen strengen und unbeugsamen Calvin und übersiedelte nach Basel, wo er unter ärmlichen Verhältnissen als Korrektor und mit handwerklichen Dienstleistungen sein Leben fristete. In dieser Zei
t übersetzte er die Bibel ins Französische und Lateinische und verfasste neben zahlreichen anderen Schriften die Dialogi sacri, biblische Darstellungen in Gesprächsform. Als im Oktober 1553 in Genf auf Veranlassung Calvins der spanische Arzt und Humanist Miguel Servet aus Glaubensgründen als "Ketzer" verbrannt wurde, entfachte Castellio mit seiner nachmals berühmt gewordenen Schrift De haereticis an sint persequendi (Von Ketzern und ob man sie verfolgen soll) die erste große Debatte um die Toleranzfrage, deren Wirkungen später bis in die Erklärung der Menschenrechte reichte. Das Thema Glaubens- und Gewissensfreiheit hat ihn von da an während seines weiteren Lebens beschäftigt und ihn der ständigen Verfolgung durch Calvin ausgesetzt. Kurz nachdem er, von Krankheiten und Verbitterung zermürbt, noch einmal angeklagt wurde diesmal wegen Ketzerei starb er am 29. Dezember 1563 im Alter von 48 Jahren in Basel.