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Neuerscheinungen 2015

Stand: 2020-02-01
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Andreas Rostek, Nino Vetri (Beteiligte)

Mamas wunderbares Herz


Geschichten aus Palermo
Übersetzung: Rostek, Andreas
2015. 120 S. 22 cm
Verlag/Jahr: EDITION FOTOTAPETA 2015
ISBN: 3-940524-34-4 (3940524344)
Neue ISBN: 978-3-940524-34-8 (9783940524348)

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Erzählungen vom Alltag in einer süditalienischen Metropole: kleine Leute, kleine Begebenheiten, kleine Geschichten. Weil die aber von dem ausgezeichneten Beobachter und Erzähler Nino Vetri kommen, sind sie voller Absurdität und Freundlichkeit und Härte, und man weiß bald: Wir sind in Palermo. Und weil es um den Alltag in Palermo geht, geht es auch um die Mafia - die Mafia, die daher kommt als der freundliche Nachbar mit tödlichen Folgen.
Seid nett zu Mama und sprecht nicht mit Kommunisten 7

Mamas wunderbares Herz 37

Das Totenbett des Cuchulain 59
Hinter der Baustelle, und noch hinter dem Islamischen Garten, gab es ein verlassenes Anwesen, das einmal einem Herzog, einem Grafen, einem Prinzen oder, warum auch nicht, einem Emir gehört hatte. Versunken zwischen Palmen und Mandarinenbäumen. Dort habe ich mal ein Fass mit der Aufschrift Wehrmacht 1942 gefunden und einen durchlöcherten italienischen Helm. Spuren früherer Zivilisationen.
Waren wir womöglich Zionisten? Nein. Weil der Zionismus immer auch Rückkehr bedeutet. Wir dagegen waren also eher Entdecker, Leute wie Livingston, wie Cook. Und Cook hatte in Australien wenigstens Ureinwohner gefunden. Er hatte Kängurus gesehen und dann auf Englisch gefragt, was für ein Tier ist das denn? Kangaro Das hatten die ihm geantwortet. In der Sprache der Ureinwohner heißt das: Ich verstehe dich nicht. Im Michelangelo aber gabs keine Ureinwohner und schon gar keine Kängurus. Nein. Wir waren Pioniere. Die Avantgarde der westlichen Zivilisation. Wir waren sogar vor den Kängurus gekommen. Der einzige Ureinwohner, den wir antrafen, war ein Arbeiter mit einem enormen Kreuz und einem enormen Bizeps. Und auf einem Arm war ein Tattoo mit der Aufschrift: Mamas Herz. Wir waren ganz gerührt. So ein Riesenkerl mit so einem romantischen Schrift zug. Und wenn er arbeitete, wenn er Nägel einschlug, schien das Herz zu schlagen. Es schlug für seine Mama. Wie sollte so einer dir Angst machen? Und ich wollte auch so ein Tattoo, genauso wie seins. Wenn ich groß bin, krieg ich auch so eins. Sagte ich mir. Ich habe ihn sogar gefragt, wo man denn so schöne Tattoos machte. Im Knast, hat er geantwortet. Er hat dabei eine Reihe weißer Zähne gezeigt. Und mit welcher Anmut er uns geholfen hat, unsere Hütten zu bauen. Als gehörte das zu seiner Arbeit. Häuser und Hütten bauen, beides mit derselben Genauigkeit.
Und ich habe mir ausgemalt, wie das wäre, ich bin groß, komme aus dem Knast und laufe zu meiner Mutter und zeige ihr den Arm mit dem Schriftzug: Mamas Herz. Sie wäre bestimmt ganz gerührt.