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Hans-Georg Reuter
Auf den Spuren von St. Martin durch Trier
1. Aufl. 2015. 84 S. mit einem Stadtplan. 21 cm
Verlag/Jahr: WEYAND 2015
ISBN: 3-942429-24-1 (3942429241)
Neue ISBN: 978-3-942429-24-5 (9783942429245)
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Dem hl. Martin als "einer europäischen Persönlichkeit" hat der Europarat 2005 einen eigenen Kulturweg von seinem Geburtsort Savaria in Ungarn zu seiner Grabeskirche in Tours in Frankreich gewidmet. Ein Teilstück der Route, die via Treverorum führt von Worms über Trier weiter nach Niederanven in Luxemburg. Bischof Martin von Tours weilte mehrfach in der römischen Kaiserstadt Trier. Er hatte Kontakt zum Bischof und betete oft in dessen Kirche. Nach dem Vorbild Jesu trieb er hier Dämonen aus und heilte Kranke. Davon wird in diesem Stadtgang auf den Spuren von Sankt Martin durch Trier erzählt - an den historischen Martinsorten ebenso wie an Stationen, die an Menschen erinnern, die sich in der Vergangenheit eingesetzt haben für Menschen deren Leben bedroht war, oder in sozialen Einrichtungen, wo heute Menschen im Sinne von St. Martin wirken. Gerahmt ist der Stadtgang durch Trier mit einer Lebensbeschreibung des hl. Martin, die von seinen Aufenthalten in Trier zwischen 371 und 386 berichten.
"Gib mir den Mantel, Martin, aber geh erst vom Sattel und laß dein Schwert, wo es ist, gib mir den ganzen."
So, liebe Leserinnen und Leser, schreibt die Dichterin Ilse Aichinger in einem Nachruf auf den heiligen Martin. Und wir sehen sofort die Szene der Mantelteilung, die den meisten von uns seit Kindertagen vertraut ist, vor uns: Martin teilt mit seinem Schwert den Mantel und gibt die Hälfte vom Pferd herab einem frierenden Bettler vor den Toren der Stadt Amiens, der sich in der winterlichen Kälte damit wärmen kann. Die Legende erzählt, dass dem Martin nachts im Traum Christus erscheint, bekleidet mit genau dieser Mantelhälfte, und ihn an die Verse des Evangeliums erinnert: "Was ihr einem meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr mir getan." (Mt 25,40)
Wenn Ilse Aichinger nun in ihrem Nachruf noch weitergeht, sich nicht mit der Hälfte zufrieden gibt und von Martin den ganzen Mantel fordert, provoziert das. Ist es denn falsch, zu teilen, damit beide etwas vom wärmenden Mantel haben? Ist es nicht genau das, was uns auch nach 1700 Jahren noch so lebendig an den heiligen Martin denken lässt? Dieser Akt der Barmherzigkeit, diese Tat der Nächstenliebe?
Das Provozierende dieses Nachrufes lässt mich allerdings noch tiefer hinter diese Tat, hinter die Person des heiligen Martin schauen. Denn für mich ist nicht das Halbe entscheidend, das er gibt, sondern die Erfahrung Gottes, der ihn selbst in dieser Tat ganz annimmt und beruft. Hier hat Martin seine Gottesbegegnung. Aber Gott begegnet ihm nicht im halben Mantel. Sondern Gott begegnet ihm im Bettler. Hier zeigt sich, wie sehr die diakonische Dimension zum Wesen des Christentums gehört. Unzählige Christen haben nach dem Vorbild des heiligen Martin und anderer mehr die Welt durch solches Tun besser zu machen versucht. Jesus Christus selbst ist es ja, der zum "Bettler" geworden ist, um uns Menschen nahe zu kommen. Er selbst hat keine halbe Sache gemacht. Bei Gott kann man keine halben Sachen machen.
Der heilige Martin hat diese Gotteserfahrung nicht für sich behalten. Er hat sie auch in unserer Stadt Trier als Bischof später freimütig verkündet, so dass sie andere angesteckt und überzeugt hat - durch die Jahrhunderte bis heute. Ich wünsche allen Leserinnen und Lesern dieses Büchleins, dass Sie auf den Spuren und in der Begegnung mit dem heiligen Martin in Trier, damals und heute, selbst auch etwas von der Gottes- und Menschenfreundlichkeit des Heiligen erfahren können.
Ein herzliches Dankeschön sage ich Herrn Hans-Georg Reuter, der das Projekt "Auf den Spuren von St. Martin durch Trier" in Angriff genommen und mit diesem Büchlein so ansprechend umgesetzt hat.
Bischof Stephan Ackermann