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Neuerscheinungen 2015

Stand: 2020-02-01
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Jenny Rottke

Der konstruierte "Andere": Bewusstheit über Differenzkonstruktionen in der Sozialen Arbeit


Erstauflage. 2015. 100 S. 220 mm
Verlag/Jahr: DIPLOMICA 2015
ISBN: 3-9585088-9-8 (3958508898)
Neue ISBN: 978-3-9585088-9-7 (9783958508897)

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Die Frage nach der Bewusstheit über Differenzkonstruktionen ist ein zentrales Thema in der Sozialen Arbeit. Differenzierte Lebensweisen und ihr Drängen nach Anerkennung in Form von Verminderung auf sie bezogener Diskriminierung und Vorurteilsdenken fordern die Soziale Arbeit auf, über das Konstrukt Normalität und ihre eigene Rolle in einem regulierenden System nachzudenken.
Soziale Arbeit befindet sich in dem Dilemma, zum einen ausführende Instanz gesellschaftlicher Normen und Werte sowie institutioneller und struktureller Vorgaben zu sein und andererseits Verantwortung gegenüber den Menschen zu haben, die den Gegenstand der Sozialen Arbeit darstellen.
In dem Buch werden vorliegende Rahmenbedingungen beschrieben, die Relevanz der Bewusstheit hervorgehoben, Konstrukte von Normalität und Differenz betrachtet sowie Überlegungen zu möglichen Professionsgrundlagen in Hinsicht auf das gegebene Thema, den Umgang damit und nicht zuletzt auf die eigene Position angebracht.
Textprobe:
Kapitel 3, Normalität und Differenz:
Definitionen dienen zunächst einem Verständnis von dem, wovon die Rede sein soll. Die Definitionsversuche und Darstellungen, die hier vorgenommen werden, sollen sowohl Verständnisgrundlage als auch bereits kritische Betrachtung sein.
Was Normalität ist, scheint zunächst klar zu sein. Betrachtet man den Begriff jedoch genauer und beabsichtigt ihn zu bestimmen, zeigt sich die Kompliziertheit jener Bestimmung in seiner Begründbarkeit, seines Entstehungszusammenhangs und seiner Geltungsanspruchsgrundlage. Ebenso verhält es sich mit den mit der Normalität zusammenhängenden scheinbar ihr widersprechenden Differenzen. Wenn nicht eindeutig ist, was normal ist, sind auch jeweilige Abweichungen vom Normalzustand schwer zu bestimmen. Fest steht: Normen und Normalitäten wurden herausgebildet und mit ihnen Abweichungen und Abnormalitäten (Sohn, 1999 in Sohn/Mehrtens 1999:7).
Im Folgenden soll aufgezeigt werden, wie Normalität Begrifflichkeit und Wirkmächtigkeit entstanden ist bzw. erschaffen wurde und wird und wie sie demnach definiert werden kann. Daraufhin sollen die Anomalien in den Blick genommen werden.
3.1, Das ist die Regel Normalität und Norm: Die Gesellschaft schätzt ihren normalen Menschen . Sie erzieht ihre Kinder dazu, sich selbst zu verlieren, absurd zu werden und so normal zu sein (Laign, 1972:22). normal der Norm entsprechen; regelrecht; üblich, gewöhnlich; geistig gesund (Duden, 1989:489). Normal ist ein alltäglicher Begriff und wirkt zunächst wie eine unmaßgebliche Floskel. Er ist jedoch mehr als das er ist Schlüsselbegriff moderner Kulturen . (Link, 2009:17) Der Begriff und somit auch das Normale an sich kamen zum ersten Mal seit dem 18. Jahrhundert bzw. eher mit dem frühen 19. Jahrhundert in Verbindung mit moderner Massenproduktion, moderner Massendatenerhebung und der statistischen Analysen dieser Daten auf. (vgl. Link, 2009:20) Daraus allein kann geschlossen werden, dass Normalität etwas Konstruiertes ist, auch wenn es bisweilen als ein selbstverständliches Orientierungs- und Handlungsraster ( )[ ] auch als das Natürliche oder das Naturgemäße verstanden [wird]. (Sohn, 1999 in Sohn Mehrtens, 1999:9) Eben aufgrund dieser verschiedenen Verständnisgrundlagen ist eine Definition des Normalen so kompliziert. Link führt zur Verständigung über bzw. Definition von Normalität sechs Ungleichheiten auf was Normalität eben zunächst nicht ist: 1. Normalität Normativität; 2. Normalität Alltagsroutine/Alltägliches; 3. Normalität Bio-Homöostase; 4. Normalität Kybernetik/Technokratie generell; 5. Normalität ästhetische Banalität; 6. Normalität konstruierte soziale Wirklichkeit (epistemologisch) (Link, 1999 in Sohn/Mehrtens, 1999:31) Im Rahmen dieser Arbeit ist es nicht möglich, die einzelnen Ungleichheiten auszuführen und zu begründen. Es soll lediglich klar werden, dass Normalität schwer (be)greifbar ist. Neben den vielen Bezugsmöglichkeiten und Konstituierungsbedingungen soll hier jedoch der Zusammenhang zwischen Normalität und Normativität aufgegriffen werden. Die Ungleichheit von Normalität und Normativität wird erst bei genauerer Betrachtung deutlich. Auch und gerade hier entstehen schnell Überlagerungen und ein funktionales Gleichsetzen. Normativität konstituiert sich über zu Grunde liegende Normen. (Seelmeyer, 2008:178) Mit diesen Normen ist ein bestimmter Verbindlichkeitsanspruch verbunden. (vgl. Seelmeyer, 2008:179) Das Normale ist im Gegensatz zurückzuführen auf den Durchschnitt (statistischer Erhebungen etc.). Diese Verdatung bildet jedoch gleichzeitig die Grundlage für die normative Normalität. (vgl. Link, 2009:453) Die Normativität wird gewissermaßen zur Normalität ernannt.
Von Kindesbeinen an bilden Regeln und Normen die Normalität ab und stellen sie gleichzeitig her. Durch institutionelle und nicht-institutionelle Praktiken wird die Normalität garantiert und (re)produziert . (Sohn, 1999 in Sohn/Mehrtens