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Michael Hammerbacher
Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit: Handlungsstrategien gegen eine rechtsextreme Jugendkultur und fremdenfeindli
2015. 108 S. 220 mm
Verlag/Jahr: DIPLOMICA 2015
ISBN: 3-9593468-8-3 (3959346883)
Neue ISBN: 978-3-9593468-8-7 (9783959346887)
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In der vorliegenden Arbeit werden Handlungsstrategien gegen Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit bei Jugendlichen historisch und vergleichend untersucht und sich damit auseinandergesetzt, welche Schlussfolgerungen sich aus dieser Perspektive für eine heutige Handlungsstrategie ziehen lassen.
Die Motivation für die vorliegende Arbeit resultiert aus der ehemaligen Tätigkeit des Autors als Dozent in der politischen Jugendbildung in Berlin und Brandenburg. In Gesamt- und Berufsschulen Ostberlins und Brandenburgs beobachtete er häufig die Dominanz einer rechtsextremen Jugendkultur und von fremdenfeindlichen Einstellungen in den Klassen. Die von ihm darauf angesprochenen Lehrkräfte ignorierten häufig diese Situation, begegneten ihr zumeist hilflos und einige wenige der Lehrkräfte teilten sogar die Einstellungen der rechten Jugendlichen.
Textprobe:
Kapitel 4.7.2, Die Mängel in der praktischen Umsetzung:
Die Kritik an der praktischen Umsetzung der "akzeptierenden Jugendarbeit mit Jugendlichen in rechten Jugendcliquen" in einzelnen Projekten, aber auch an der gesamten Umsetzung des AgAg-Programms, vollzieht sich auf mehreren Ebenen. Die erste ist die auf das Konzept abzielende Kritik, daß mit der Übertragung des Begriffs "akzeptierend" für die Jugendarbeit mit rechtsorientierten Jugendlichen keineswegs das Konzept von Krafeld u.a. in seiner Reinform, sondern nur ein diffuser Begriff der "Akzeptanz" auf diese Arbeit übertragen worden ist: "Selbst die von Krafeld aufgestellten Grenzen der akzeptierenden Sozialarbeit wurden teilweise missachtet, das ging bis hin zur Bestellung von Bussen für Nazi-Demonstrationen, der Produktion von CDs von rechtsextremistischen Bands oder der Erstellung von rechtsextremen Homepages, um damit die Kreativität der jungen Leute zu fördern".
Krafeld fordert in seinem Konzept die Konfrontation der rechtsorientierten Jugendlichen mit humanistischen und demokratischen Einstellungen und Werten durch den Sozialarbeiter, der diese durch seine Person in der Beziehungsarbeit repräsentiert. Dies ist aber selbst für langjährig geschulte wertefeste Sozialarbeiter schwierig und auch nur durch begleitende Maßnahmen wie regelmäßige Supervision und Fortbildung (eventuell) durchzuhalten. Mit der Umsetzung des AgAg 1992 stand die Sozialarbeit in den neuen Ländern aber vor einem Neuaufbau, da sie auf keine entsprechenden Strukturen zurückgreifen konnte. Rund 400 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen wurden über das AgAg-Programm beschäftigt. Über 70% dieser Angestellten kamen aus fachfremden Berufen und 9% waren ausgebildete Lehrer. Diese wurden in Schnellkursen auf ihre Arbeit vorbereitet, "(...) was äußerst fragwürdig erscheint und die Gefahr erhöht, daß das theoretische Konzept der ´akzeptierenden Jugendarbeit´ in der Praxis zur gefährlichen Beliebigkeit wird".
An das Personal werden nach dem Konzept von Krafeld u.a. in der Wertefestigkeit und der Werteorientierung hohe Ansprüche gestellt. Durch die theoretische Grundlage der "akzeptierenden Jugendarbeit mit Jugendlichen in rechten Jugendcliquen" selbst ist aber die Praxis entpolitisiert. Dies hat für die Einstellung von Personal entsprechende Folgen: "Von politischer Distanz zum Klientel, Kenntnis des bundesdeutschen Grundgesetzes, oder gar Wertesicherheit bezüglich demokratischer Grundstandards (z.B. Minderheitenschutz) konnte bei den Erwachsenen, die Anfang der 90er Jahre in den neuen Bundesländern mit rechtsextrem orientierten Jugendlichen zu arbeiten begannen, keine Rede sein".
Beispiele für entsprechende Fehlentwicklungen sind seit 1992 vielfach öffentlich dokumentiert und brachten das AgAg-Programm so weit in Bedrängnis, daß die Weiterführung 1994 gefährdet war. Nur drei extreme Beispiele sollen hier erwähnt werden, um die pädagogische Katastrophe deutlich zu machen. So wurden 1992 im Jugendclub "Sandow" in Cottbus Neonazis von Sozialarbeitern betreut, die selbst aus der rechten Skinhead-Szene kamen. Im gleichen Jahr wurde in Hoyerswerda öffentlich, daß im Jugendclub "WK 10" die rechtsextreme "Deutsche Alternative" ihren Treffpunkt hatte und der Sozialarbeiter hinter der Theke "selbst gegen Ausländer randaliert hat und zu seiner Vergangenheit steht". Seit 1995 konnte die vom Verfassungsschutz beobachtete rechtsextremistische Band "Proissenheads" in einem städtischen Jugendclub in Potsdam unter den Augen und Ohren der dort angestellten Sozialarbeiter proben. Erst nachdem diese Tatsache 1998 öffentlich wurde, verlor die Band ihren Proberaum. Der Leiter des Jugendclubs, der akzeptierende Jugendarbeit praktiziert, hielt die öffentliche Kritik daran und das Auftrittsverbot für die Band für ungerechtfertigt und fragte: "Wer hat den Proissenheads eine Chance gegeben und hat sie selbst etwas sagen lassen?
4.7.3, Die Folgen für das lokale soziokulturelle Kl