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Lars Brümmer
Inhalte und Auswirkungen von TTIP: Eine Analyse anhand von Wirtschaftsmodellen unter Einbeziehung von Standpunkten aus P
Erstauflage. 2015. 72 S. 7 Abb. 220 mm
Verlag/Jahr: DIPLOMICA 2015
ISBN: 3-9593473-4-0 (3959347340)
Neue ISBN: 978-3-9593473-4-1 (9783959347341)
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Durch die Berichterstattung in den Medien kann der Eindruck entstehen, dass das Transatlantische Freihandelsabkommen, das seit Mitte 2013 unter dem Begriff TTIP (Transatlantic Trade and Investment Partnership) verhandelt wird, ausschließlich wirtschaftliche Interessen bedient und Verbraucher eine Reihe negativer Konsequenzen zu befürchten haben. Sind tatsächlich ein Verlust staatlicher Souveränität und eine Überschwemmung der europäischen Märkte mit US-Produkten zu befürchten, oder überwiegen doch die von den Befürwortern des Abkommens angeführten positiven Effekte? Dieses Buch versucht, eine Antwort auf diese beiden Fragen zu geben. Dabei werden aktuelle Studienergebnisse ebenso in die Untersuchung einbezogen wie Standpunkte verschiedener Vertreter aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft.
Textprobe:
Kapitel 4.4. Standpunkte zu TTIP aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft:
Da mit dem sich in Verhandlung befindenden Abkommen viele Wirtschaftsbereiche und sensible Sozial- und Umweltstandards angesprochen werden, existieren dementsprechend viele Standpunkte in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft. Eine Fülle aus europäischer und amerikanischer Parteien, internationale Organisationen, Unternehmen und ihre Verbände sowie NGOs und Vertreter zivilgesellschaftlicher haben ihre Meinung zu den transatlantischen Liberalisierungsbemühungen. Da eine umfassende Ausführung zu den Standpunkten der involvierten Parteien, Institutionen, Unternehmen und Organisationen nicht möglich ist, beschränkt sich die folgenden Darlegung auf die offiziellen Stellungnahmen von den deutschen Bundestagsparteien, den wichtigen deutschen Wirtschaftsverbänden und dem deutschen Gewerkschaftsbund sowie von verschiedenen NGOs und Akteuren der Zivilgesellschaft.
4.4.1. Akteure der Zivilgesellschaft:
Lobby Control kritisiert die Verschwiegenheitspflicht der Verhandlungsführer und dass im Rahmen der TTIP-Verhandlungen nahezu ausschließlich Gespräche mit Unternehmensvertretern geführt werden und übrige Gesprächsteilnehmer wie Gewerkschaften, Verbraucherschutzorganisationen und andere zivilgesellschaftliche Akteure nur marginal beteiligt seien. Lobbyverbände wie die Bertelsmann-Stiftung, Business Europe, Forum Europe und zahlreiche Anwaltskanzleien würden ihren privilegierten Zugang zu politischen Entscheidungsträgern dazu nutzen, eine positive Stimmung für TTIP zu erzeugen. So bestünden die Expertengruppen der EU-Kommission hauptsächlich aus wirtschaftsfreundlichen Lobbyisten (vgl. Bank 2014).
In ihrem Beitrag "TAFTA - die große Unterwerfung" beklagt Lori Wallach, Handelsexpertin der Verbraucherschutzorganisation Public Citizen, neben der Verschwiegenheit der Verhandlungen und dem großen Einfluss der Wirtschaftslobbyisten die mögliche Implementierung der Investorenrechte, die mit einem Verlust staatlicher Souveränität einhergehen würden. Demnach können fremdländische Unternehmen - außerhalb des nationalen Rechtsweges - Staaten in einem dreiköpfigen Schiedsgericht auf Entschädigungszahlungen verklagen, wenn befunden wird, dass die Politik oder bestimmte Maßnahmen einer Regierung die erwarteten künftigen Profite eines Unternehmens schmälern. Letztlich dürfe das staatliche Regelwerk daher nach einer getätigten Investition nicht mehr verändert werden (vgl. Wallach 2013).
Wallach sieht zudem die von sozialen Bewegungen im 20. Jahrhundert durchgesetzten Fortschritte gefährdet. Regierungen würden im Namen der regulatorischen Konvergenz dazu bewegt werden, Produkte und Dienstleistungen zuzulassen, die den jeweiligen einheimischen Standards nicht genügen. Als Beispiel nennt Wallach die Einfuhr gentechnisch veränderter Organismen (GMO) oder bisher verbotener US-Fleischerzeugnisse in die EU, den ungehinderten Abfluss persönlicher Daten aus der EU in die USA und die Deregulierung des amerikanischen Finanzsektors, die vor allem seitens der deutschen Banken angestrebt wird. Zudem würde der mächtige Verband Airlines for America die Abschaffung des europäischen Emissionshandelssystem fordern und auch in einigen anderen Bereiche des Dienstleistungssektors gebe es Absichten, die durch eine Begrenzung der staatlichen Regulierungsmöglichkeiten gekennzeichnet sind. (vgl. Wallach 2013).
Die weltweit agierende NGO Attac vertritt ebenfalls eine ablehnende Haltung gegenüber TTIP und äußert einige der bereits genannten Kritikpunkten. Ergänzend sei hier die Kritik an der Liberalisierung des öffentlichen Beschaffungswesens angeführt. Diese würde eine regionale Wirtschaftsförderung erschweren und letztlich auch als Einfallstor dienen, die Wasserversorgung, die auch in den USA noch überwiegend auf kommunaler Ebene bereitgestellt wird, zu privatisieren. Außerdem moniert Attac eine mögliche Umkehrung des Vorsorgeprinzips.