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Robert Bräutigam
Die Sehnsucht nach dem Grünen: Eine Studie zur Wirkung von Stadt- und Naturräumen auf den Menschen
Erstauflage. 2015. 76 S. 220 mm
Verlag/Jahr: DIPLOMICA 2015
ISBN: 3-9593484-5-2 (3959348452)
Neue ISBN: 978-3-9593484-5-4 (9783959348454)
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Der urbane Mensch wird in der zeitgenössischen Literatur als umtriebig beschrieben: Arbeit, soziale Kontakte und Freizeitaktivitäten bestimmen seinen Alltag. Gleichzeitig findet sich eine hohe Anzahl von reisenden Städtern, die in Naturlandschaften Erholung und Ausgeglichenheit erfahren. Dieses scheinbar natürliche Bedürfnis des Stadtmenschen in Naturzonen rasten zu können, lässt sich bis in die Antike zurückverfolgen.
Anhand von drei zeitgenössischen Romanen stellt der Autor dieses Thema in einen gegenwärtigen Kontext und sieht den einzelnen Menschen, die Gesellschaft und die Politik als die drei formenden Akteure des städtischen Raums, während die Natur als nahezu herrschaftsfrei erlebt wird. Die Untersuchung greift auch kulturökologische Konzepte Böhmes und Foucaults auf und verzichtet dabei nicht auf eine Zeitkritik, so scheinen Stadt und Land für den Menschen in einem traditionellen Zusammenhang zu stehen, der an Aktualität nicht verloren hat.
Textprobe:
Kapitel 3: Realsozialistische Ökologiewelten in Monika Marons Flugasche (1981):
[...] Mit ihren beiden Werken Flugasche (1981) und Bitterfelder Bogen (2009) beschreibt Monika Maron den städtischen Raum Bitterfeld im zeitlich versetzten Vergleich. So bescheinigt die bis 1988 in der DDR lebende Autorin der SED-Umweltpolitik im zeitgenössischen Roman Flugasche verödete Landschaften durch eine "marode Wirtschaft, vergiftete Luft und verseuchten Boden". Im Folgenden soll es weniger um einen Vergleich der beiden Werke Marons gehen, vielmehr soll die poetologische Mehrschichtigkeit von Innen-und Außenräumen im Roman Flugasche in den Blick genommen werden. Auf der Ebene des Politischen fokussiert die Autorin die in der DDR bis in die späten 80er Jahre eingeschränkte Pressefreiheit durch einen ökokritischen Zugang an den Lebens-und Arbeitsbedingungen der Stadt B., die sie 2009 mit dem sachsen-anhaltinischen Bitterfeld entschlüsselt. Auf anthropologischer Ebene arbeitet Maron durch die Figur der Josefa Nadler, die als Journalistin der Illustrierten Woche in Ost-Berlin eine Identitätskrise durchlebt , stark autobiographisch. Maron selbst war bis 1976 bei der Wochenpost als Journalistin tätig. Gleich zu Beginn des Werks rekurriert die Autorin auf die Großeltern Josefas und eröffnet dem Leser somit das Schicksal des eigenen Großvaters Pawel Iglarz´, der als polnischer Jude durch die Nationalsozialisten in einem Kornfeldbrand ums Leben kam. Durch die Aufarbeitung ihrer Familiengeschichte, die im Roman jedoch hinter die Krise Josefas zurücktritt , ist Josefa darin bestrebt, mit Hilfe einer intensivierten Ich-Erfahrung ihre biografische Kontinuität zu sichern. Dieser Innenraum steht im Werk differenten öffentlichen Schauplätzen gegenüber, die durch von außen auf den Körper einwirkenden Kräften (Pressezensur, Disziplinierungsmaßnahmen) determiniert werden. Im Folgenden soll dieses "Wechselspiel zwischen privaten und öffentlichen Räumen" werkimmanent und werkvergleichend in den Blick genommen werden. Historisch steht der Roman in der zeitgenössischen Kritik gegenüber einer repressiven Pressepolitik der mittleren 1970er Jahre. Er lässt sich der Lesart ökokritischer Literatur der DDR zuordnen, die sich mit einer breiteren Themenstreuung auf einem hohen Reflexionsniveau bewegt. So finden sich in den Werken zeitgenössischer DDR-Literaten (die im Vergleich zu westdeutschen Autoren stärker in umweltpolitische Themen involviert waren ) ökokritische Themen wie die Hinterfragung systemischer Gesellschaftstheorien (in der DDR den real existierenden Sozialismus), die Unterdrückung von Frauen unter patriarchalischen Gesellschaftsstrukturen oder die Vorstellung sozialistischer Utopien.
3.1 Zur Ersatzfunktion literarischer Prosa:
Bei der Berichterstattung über eine von "Ammoniak und Salpetersäure und Schwefeldioxyd" erstickte Luft über dem Kohlekraftwerk der Stadt Bitterfeld, stellt sich die Frage nach der Stilistik und Funktion journalistischer Beiträge in der DDR. Angesichts von politischen Repressalien wie Pressezensur oder das Verhören vor der betriebsinternen Parteileitung , steht Josefa als Protagonistin im Werk vor dem moralischen Dilemma zwischen einer auf Fakten beruhenden Berichterstattung und die an sie herangetragene Anforderung des verklärenden, propagandistisch gefärbten Schreibstils über die Umweltbedingungen des Fall B.s. Monika Maron verarbeitete im Roman damit autobiografisch ihre journalistischen Erfahrungen bei der Berliner Wochenpost, als Vertreterin der Nachfolgegeneration Wolf Biermanns distanzierte sie sich vom in den 1970er Jahren in der DDR normierten Berufsleitbild des Journalisten und sah wie Hanns Cibulka oder Christa Wolf die Prosaliteratur als neues gesellschaftspolitisches Forum in Alternative zu medial transportieren Nachrichten-beiträgen in der Debatte um umweltbezogene Themen. Martin Watson schreibt der Literatur eine solitäre Funktion zu, in der DDR alltägliche Re