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Neuerscheinungen 2016

Stand: 2020-02-01
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Ernest Zederbauer

Steinhart


Ein Waldviertel-Krimi
2016. 180 S. 211 mm
Verlag/Jahr: VERLAGSHAUS HERNALS 2016
ISBN: 3-902975-42-3 (3902975423)
Neue ISBN: 978-3-902975-42-3 (9783902975423)

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Das Waldviertler Dorf St. Marein erlangt beim Wettbewerb "Das schönste Dorf Österreichs" den dritten Platz. Während des Festaktes wird der Obmann der örtlichen Raiffeisenkasse erschossen. Galt die Kugel dem anwesenden Staatssekretär? Kommissar Kalteis Ermittlungen führen in eine unerwartete Richtung ...
Aufmerksame Frühaufsteher (und in St. Marein am Langholz gab es traditionsgemäß nur Frühaufsteher) konnten, sofern sie sich die Mühe machten einen Blick aus dem Fenster zu werfen, am Sonntag, den 16. August 2015, im mageren Licht der Frühe zwei distinguierte Herren im Niederösterreicheranzug über den Dorfplatz schreiten sehen. Der ältere der beiden, Bürgermeister Rupert Höllerschmied, nahm kurz entschlossen die Stufen zur Ehrentribüne in Angriff. Blieb oben angekommen kurz stehen, nur um alsbald mit dem linken Fuß fest auf den Brettern aufzustampfen.
Diese an und für sich unbedeutende Tätigkeit zauberte einigen der Hinterdenfensternstehenden Sorgenfalten auf die an sich glatte Stirn, da sie alle wussten, dass ihr Bürgermeister Rechtshänder war. Doch seinem zufriedenen Gesichtsausdruck war zu entnehmen, dass die Tribüne die Belastungsprobe soeben bestanden hatte. Für diesen Test brauchte er keine statischen Berechnungen, sein Körpergewicht von hunderteinunddreißig Kilo genügte ihm vollauf. Sicherheitshalber wiederholte er diese Prozedur nicht nur in der Mitte der hölzernen Plattform, sondern auch in allen vier Ecken. Sichtlich mit der Arbeit seiner Bauhofleute zufrieden, nickte er seinem Schwager Engelbert Zeinzinger zu und deutete ihm, ebenfalls auf die Tribüne zu kommen. Zeinzinger, Obmann des Verschönerungsvereins und sich seiner Wichtigkeit vollends bewusst, folgte ihm nach. Stampfte seinerseits fest auf, da er aus langjähriger Erfahrung wusste, dass der Bürgermeister solcherart Engagement seiner Untertanen stets wohlwollend registrierte. Zeinzinger, der insgeheim hoffte, bei der nächsten Gemeinderatssitzung für die Verleihung des Ehrenringes vorgeschlagen zu werden, richtete das Wort an seinen Herrn und Gebieter. "Wie viele Sessel sollen wir aufstellen, glaubst du, dass dreißig Stück genügen?" Der Bürgermeister runzelte kurz die Stirn und kratzte sich nachdenklich am Hals. Blieb minutenlang eine Antwort schuldig, doch sein angespannter Gesichtsausdruck gab Auskunft, dass sein Hirnkasten soeben im Begriffe war, zwei und zwei oder vielleicht auch mehr zusammenzuzählen. Seine Hände hatte er hinter dem Rücken versteckt, sodass sein Gegenüber nicht bemerken konnte, dass er seine Finger zum Mitzählen gebrauchte.
Höllerschmied war zu einem Ergebnis gekommen. "Zweiunddreißig Leute haben sich angemeldet, erfahrungsgemäß werden nicht alle kommen. Dreißig Sessel sollten also genügen und wenn doch alle angemeldeten Personen kommen sollten, dann werden eben unsere zwei Paradesozialisten bei der Feier stehen müssen, geschieht ihnen recht!"
Die beiden sozialistischen Gemeinderäte hatten vor einem Jahr dagegen gestimmt, dass sich die Gemeinde bei dem Wettbewerb "Schönstes Dorf Österreichs" wiederum beteiligen sollte, da man bereits zweimal schmählich gescheitert war. In ihren Augen war dieser Wettbewerb "die reinste Onanie unter schwarzen Brüdern"! Damit hatten sie sich unter diesen keine Freunde gemacht. Denn so wie seit Jahrzehnten das ganze Waldviertel, ja das ganze Land, mehrheitlich von den Schwarzen regiert wurde, so auch St. Marein am Langholz. Rupert Höllerschmied, nicht nur von der Statur her großund mächtig, hatte es mit seiner Bauernschläue zwanzig Jahre lang erfolgreich gehandhabt, sich mit Vertrauten aus seinem unmittelbaren Umfeld zu umgeben. Seine beiden Schwäger Zeinzinger und Grabherr saßen ebenso im Gemeinderat wie sein Schwiegersohn Manfred Hohenbichler und seine Cousine Hilda Gatterbauer. Hildas Mann war der Lagerhausobmann, deren jüngster Sohn Sekretär des Bezirkshauptmanns. Solcherart abgesichert, konnte man sich unnötige Sitzungen ersparen, da man sich innerhalb der Familie sowieso immer sonntagnachmittags beim Kaffee im trauten Heim traf. In entspannter Atmosphäre unter seinesgleichen konnte man so kommunale Probleme und Problemchen im Schongang einfach lösen. Heute jedoch war er verunsichert. Ausgerechnet heute! Er hatte schlecht geschlafen und zu all