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Stand: 2020-02-01
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Detert Zylmann

Geschichte einer deutschen Familie. Aus den Tagebüchern meines Großvaters


2016. 224 S. 29 Abb. 220 mm
Verlag/Jahr: DIPLOMICA 2016
ISBN: 3-9593495-8-0 (3959349580)
Neue ISBN: 978-3-9593495-8-1 (9783959349581)

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Dies ist eine ganz persönliche Geschichte - die Geschichte der Familie des Autors, erzählt von seinem Großvater, verknüpft mit den politischen Ereignissen insbesondere des letzten Jahrhunderts. Auf den ersten Blick mögen die zahlreichen Tagebücher und Aufzeichnungen des Großvaters von Detert Zylmann einen sehr privaten Charakter haben. Über das persönliche Erleben hinaus sind sie jedoch Spiegelbild sich wandelnder Zeiten und damit zeitgeschichtliche Dokumente von allgemeiner Bedeutung. Wer insbesondere die Tagebücher aus beiden Weltkriegen liest, ist gefangen von dem Grauen der geschilderten Ereignisse. Es ist eine bewegende Reise in die Vergangenheit einer deutschen Familie. Folgen wir den Spuren von Peter Zylmann.
Textprobe:
Kapitel An der Ostfront:
[...] Auf einer Dienstfahrt nach Litauen erreichen mein Großvater und seine Begleitung den Ort Kowno [Kaunas, zweitgrößte Stadt Litauens]. Hier schreibt er am 6. Juli 1941 in sein Tagebuch: "Den Wachdienst in der Stadt versehen litauische Wachmannschaften unter Gewehr. Man sieht öfters Gruppen von Juden und offenbar Kommunisten, die erschossen werden; meist nachts. Es soll sich um Tausende handeln. Gerichte gibt es dafür nicht, die deutschen Befehlsstellen greifen nicht ein. Vor Ankunft der Deutschen schwere Judenprozesse und Plünderungen".
In einem Sonderbericht zur Lage in Kowno vom 8. Juli 1941 finden wir folgenden Eintrag. "In der Stadt halten junge Litauer in hässlichen senfgrauen Uniformen mit Gewehr die Ordnung aufrecht. Manche machen keinen vertrauenerweckenden Eindruck. Es muss hier grauenhaft hergegangen sein. Vor Ankunft der Deutschen hat, wie man hört, ein großes Massaker unter den Juden und Kommunisten stattgefunden, viele sind auf der Straße erschlagen worden. Mehrere tausend männliche Juden sind in einem alten Fort zusammengezogen worden; es müssen bereits große Massen erschossen worden sein. Auf einem Felde dort haben etwa 2 000 Leichen gelegen, die bei der Hitze schnell in Verwesung übergingen." Ein Major aus dem Dulag 100 hat sie durch russische Kriegsgefangene bestatten lassen. In Zukunft, so der Major, "mögen die Litauer die von ihnen Erschlagenen selbst begraben." Ein Hauptmann erzählt meinem Großvater, dass nach Aussagen von Augenzeugen auch viele Frauen grausam umgebracht worden seien. So hätte man eine hochschwangere Frau mit dem Spaten halbtot geschlagen, so dass es zur Geburt des Kindes kam. Andere Frauen seien mit Stemmeisen gequält worden. Der Hauptmann soll diese Vorfälle "an höhere Stellen" weitergegeben haben, und man hätte ihm erklärt, dass die litauische Ordnungspolizei, die im Übrigen viele üble Elemente enthalte, entwaffnet werden solle.
"Nachts hören wir oft längere Zeit aus Richtung des Forts Gewehr- und Maschinengewehrfeuer von den dort laufend durchgeführten Exekutionen. Richterliche Handlungen finden dabei nicht statt. In der Stadt kann man öfters kleine Gruppen von Juden und Nichtjuden, offenbar Kommunisten, beiderlei Geschlechts, von der litauischen Ordnungspolizei abführen sehen [...]. Seit einigen Tagen tragen die Juden einen fünfzackigen gelben Stern auf der Brust. Es fällt auf, dass kaum noch Männer mit diesem Abzeichen gesehen werden, sie sind in der Mehrzahl vernichtet oder verhaftet. Unter den Frauen begegnen viele große Typen, denen man ihre nichtarische Rasse nicht ansieht. Sie könnten nach Gesichtsform, Augen und Haar als voll arisch gelten. Das Judentum muss sehr viel fremdes Blut in sich aufgenommen haben. Viele hört man auf der Straße unter sich ein reines Deutsch sprechen. In der Stadt sind viele Läden geschlossen, an denen die Scheiben eingeschlagen und in der Auslage die trümmerhaften Reste der Waren sichtbar sind. Es handelt sich um jüdische Läden, die bei dem eingangs erwähnten Progrom geplündert sind. Jetzt ist in deutscher Sprache an diesen Läden zu lesen: Wer plündert, wird erschossen".
Und an anderer Stelle. "Seitdem in Kowno die Juden auf der linken Brust einen großen gelben Davidstern tragen, fiel uns die ungeheure Menge der Sternträger auf; eines Morgens auf dem Wege zur Dienststelle zählte ich so etwa 20 Juden auf einen Nichtjuden. Aber fast alles Frauen; Männer sieht man sehr selten. Sie sind inzwischen zum großen Teil interniert worden, in einem Fort der alten Festungswerke. In Riga sind die Juden noch nicht gekennzeichnet, dort soll es verhältnismäßig wenige geben, während in Kowno von den rund 130 000 Einwohnern 40% Juden geschätzt werden. In Libau [LiepÆja, Hafenstadt im Westen Lettlands] müssen die Juden das Abzeichen auf der Brust und auf dem Rücken tragen. Unter den jüdischen Typen sind zahlreiche, denen man ihre Rasse in keiner Weise ansieht, es muss vi