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Joachim Britze, Micho Mossulischwili, Traian Pop, Uli Rothfuss, Irma Schiolaschwili (Beteiligte)

Schwäne im Schnee


Herausgegeben von Pop, Traian; Rothfuss, Uli; Übersetzung: Britze, Joachim; Schiolaschwili, Irma
2017. 140 S. 202 mm
Verlag/Jahr: POP VERLAG 2017
ISBN: 3-86356-170-8 (3863561708)
Neue ISBN: 978-3-86356-170-3 (9783863561703)

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Nachwort

Micho Mossulischwili wurde am 10. Dezember 1962 im Dorf Araschenda in der ostgeorgischen Provinz Kachetien geboren. Über seine Kindheit, die seine Persönlichkeit und damit auch sein literarisches Schaffen geprägt hat, teilt er mit:

"Ist es eine kapitalistische Kindheit oder eine so-
wjetische Kindheit? Es ist eine Kindheit und damit Schluss! Ein Kind interessiert sich nicht für das staatliche System oder die Ideologie.
Meine Kindheit ist mit zwei Geschehnissen verbunden, aus denen man ersehen kann, warum ich Schriftsteller geworden bin (wenn ich wirklich einer bin).

1. Wenn in meiner Kindheit irgendeine Frau mit Kopftuch zu uns gekommen ist, forderte ich sofort, dass sie es abnehme. Tat sie es nicht, fing ich an zu weinen. Das setzte ich so lange fort, bis die erstaunten und völlig durcheinander gekommenen Frauen ihr Kopftuch abnahmen. Meine Mutter beruhigte sie immer wieder und erklärte ihnen, dass ich sogar sie von Anfang an mit Kopftuch nicht ertragen konnte und immer forderte, dass sie es abnehme. Später, als ich älter wurde, versteckte ich die Kopftücher meiner Mutter, damit sie sie nicht tragen könne.
Wenn ich auch jetzt eine Frau mit Kopftuch sehe, wird mein Herz in negative Schwingungen versetzt und ich bin nahe daran, sie zu bitten, ihr Kopftuch abzunehmen und Haare und Gesicht zu zeigen, weil das der schönere Teil der Menschheit ist.
Dieses kleine Detail, dass ich bei den Frauen das Kopftuch nicht ertragen konnte, weil es ihre Schönheit bedeckt, war - wie ich erst später begriffen habe, als ich groß geworden war - ein Anstoß dazu, mich so zu benehmen, dass ich den Frauen gefalle. Nach meiner damaligen Beobachtung schmeicheln die Männer den Frauen so, wie sie es nur können, um bei ihnen anzukommen, durch ihr Benehmen oder durch irgendwelche Aktionen. Dadurch habe ich angefangen, darüber nachzudenken, was ich machen könnte, um den Frauen zu gefallen. Blumen bringen? Natürlich! Aber ich habe auch entdeckt, dass ich Lebensereignisse gut beschreiben konnte. Ich konnte sogar solche Ereignisse erfinden und die Stimmen der Menschen in ihnen hören.
Dass ich schreibe, soll man so verstehen, dass ich damit den Frauen als dem schöneren Teil der Menschheit gefallen möchte. Ich denke ständig, dass mir dies bis jetzt nicht völlig gelungen ist. Und deshalb versuche ich immer wieder, neue Sachen zu schreiben ...

2. Seit meiner Kindheit begleitet mich noch eine andere außergewöhnliche Schönheit, die meine Seele immer nach oben brachte. Das war die Musik. Aber die Sache mit der Musik war komplizierter. Es gab eine Art von Musik, die ich nicht leiden konnte und vor der ich wegrannte. Ich schaltete entweder das Radio aus oder verließ das Zimmer, um sie nicht hören zu müssen. So sehr missfiel sie mir. Aber es gab auch die andere Art der Musik. Wenn meine Seele sie hörte, flog sie hoch und begann sich frei zu bewegen in irgendwelchen wunderschönen Gefilden, oder sie flog um seltsam stehende und seltsam sprechende Menschen herum. Das gefiel ihr sehr.
Bevor ich anfing zu studieren und dabei Erzählungen zu schreiben, wusste ich nicht, warum ich einen so seltsamen Bezug zur Musik hatte. Als ich versuchte, meinen eigenen Prosastil zu finden, las ich viele Schriftsteller. Ich erlernte meinen Schreibstil von ihnen und schrieb sogar ganze Seiten bei ihnen ab, um zu verstehen, wie sie schrieben.
Einige Schriftsteller standen mir nahe und von einigen wollte ich wegrennen. Hier passierte mir dasselbe wie mit der Musik, als ich klein war.
Aber während ich damals nicht verstehen konnte, was mit mir los war, habe ich beim Studium der Schriftsteller folgendes verstanden:
Mir steht Hermann Hesse nahe, und weit weg steht Thomas Mann.
Mir steht Akutagawa nahe, und weit weg steht Kawabata.
Mir steht Dostojewskij nahe, und weit weg steht Tolstoj.
Mir steht Wascha Pschawela nahe, und weit weg steht Ilia Tschawtschawadze.