buchspektrum Internet-Buchhandlung

Neuerscheinungen 2017

Stand: 2020-02-01
Schnellsuche
ISBN/Stichwort/Autor
Herderstraße 10
10625 Berlin
Tel.: 030 315 714 16
Fax 030 315 714 14
info@buchspektrum.de

Rosslyn Elliott, Rebekka Jilg (Beteiligte)

Süßer als das Lied der Lerche


Übersetzung: Jilg, Rebekka
2017. 334 S. 20,5 cm
Verlag/Jahr: FRANCKE-BUCHHANDLUNG 2017
ISBN: 3-86827-628-9 (3868276289)
Neue ISBN: 978-3-86827-628-2 (9783868276282)

Preis und Lieferzeit: Bitte klicken


Ohio, 1855: Als eine der ersten weiblichen Studentinnen träumt Kate Winter von einer selbstbestimmten Zukunft - weit weg von ihrer kaputten Familie. Doch zwei Dinge stehen diesen Träumen im Weg: die Absicht ihrer Mutter, Kate reich zu verheiraten, und Kates unüberwindbare Schüchternheit. Nur ihrem Kommilitonen Ben Hanby gelingt es, Kate mithilfe der Musik aus ihrem Schneckenhaus zu locken.
Eine turbulente Reise stellt Kates Welt auf den Kopf. Unvermutet findet sie ihre Bestimmung darin, gemeinsam mit Ben für das Ende der Sklaverei zu kämpfen. Doch können ihre Gefühle für Ben alle Hindernisse überwinden?
Kapitel 1
Westerville, Ohio
1855

Der vertraute Weg über den viereckigen Innenhof des Colleges fühlte sich für Kate heute an wie der Gang zum Henker. Die Absätze ihrer Schuhe klackerten über das Pflaster. Ihr schwerer Rock und der Reifrock aus Pferdehaar zogen an ihrer Hüfte, waren viel zu warm für diesen milden Maimorgen.
Sie erklomm die Steinstufen des weiß gekalkten Collegegebäudes und legte ihre verschwitzte Hand an den schwarzen Eisengriff der großen Tür. Das düstere Foyer führte zum Hörsaal. Ihr Atem ging schneller und das Korsett engte ihre Lungen ein. So straff hatte es sich bei Weitem nicht angefühlt, als das Hausmädchen sie vor einer Stunde eingeschnürt hatte. Vor ihr zeichnete sich die Silhouette der Tür zum Vorlesungssaal ab, die einen Spalt offen stand.
Auf der Schwelle hielt Kate inne. Im Inneren des Hörsaales erklang ein angenehmer Bariton, der klar und wohlüberlegt seinen Vortag hielt. Die Überzeugungskraft des Sprechers riss sogar sie mit. Ben Hanby. Er war der beste Sprecher des Semesters. Kate legte eine Hand auf ihren Bauch, um die pulsierende Übelkeit niederzuringen. Wenn sie jetzt nicht hineinging, würde sie gar nicht mehr gehen.
Sie stieß die Tür auf und sah sich einer Reihe Rücken in dunklen Mänteln gegenüber. Alle Augen waren auf den Sprecher vorne gerichtet. Die Rockschöße der Gentlemen fielen offen über ihre Knie, wo sie im Dämmerlicht mit dem Boden verschmolzen. Die weißen Kragen erhoben sich steif bis zu den ordentlich frisierten Haaren, die ganz der Mode entsprechend etwas länger getragen wurden, jedoch nie länger als bis zu den Schultern.
Auf dem erhöhten Podest vor ihnen stand Ben Hanby, der so natürlich und selbstsicher wirkte, als sei er allein im Raum. Sein dickes Haar fiel ihm über die Augenbrauen. Seine Augen blitzten entschlossen, sein Gesicht war lebhaft und voller Interesse für sein Thema, doch seine Worte flossen an Kate vorbei, ohne dass sie sie verstand, da ihre angespannten Nerven zu zerreißen drohten. Natürlich fiel es ihm leicht, vor so vielen Menschen zu sprechen - sein Vater war immerhin Geistlicher.
Er beendete seine Rede mit einer Frage an die Zuhörer. Selbst Kate in ihrem aufgelösten Zustand entging nicht der subtile Humor, den er noch mit dem Heben seiner Augenbraue unterstrich. Ein Glucksen erhob sich unter den männlichen Studenten, begleitet von dem höheren Kichern der jungen Damen, die in Begleitung ihrer Anstandsdame am Ende der ersten Reihe saßen.
Ben Hanby verließ mit einem breiten Grinsen das Podium und nickte seinen Freunden zu.
"Miss Winter!" Professor Hayworths Bass dröhnte durch den Hörsaal.
Alle Köpfe wandten sich ihr zu. Kates Gesicht wurde glühend heiß und ihr Herz schlug in einem wilden, ungleichmäßigen Rhythmus. Konnte es durch die Angst einfach stehen bleiben? Dieser Gedanke machte alles nur noch schlimmer, wie das Stottern in ihrer Brust, als ob ihr Herz nicht zum nächsten Schlag ansetzen konnte.
"Ich bin froh, dass Sie sich dazu entschieden haben, uns heute Gesellschaft zu leisten." Professor Hayworth sprach von seinem Platz neben dem Podium zu ihr, wie immer in seine förmliche schwarze Robe gekleidet. "Sie kommen gerade recht, um uns den ersten Vortrag der Damen zu präsentieren."
Kate mied die neugierigen Blicke der anderen, während ihr Puls noch schneller wurde und ihr Mund austrocknete.
"Bitte kommen Sie doch nach vorne", bat Professor Hayworth.
Kate nickte und fing an, den Gang hinunterzuschreiten. Ihre Röcke schwangen so weit, dass sie sich fast an die Wand drücken musste, um an den Stühlen vorbeizukommen.
Die Stühle kratzten über den Boden, als die jungen Männer sich erhoben. Sie standen immer auf, wenn die Damen den Hörsaal betraten, doch dass sie es nun für Kate alleine taten, dass alle Aufmerksamkeit nur auf sie gerichtet war - schnell konzentrierte sie sich auf die gegenüberliegende Wand, als ein kalter Schauer sie überlief. Sie musste noch blasser sein als sonst.