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Neuerscheinungen 2017

Stand: 2020-02-01
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Sven Hannes

Die Bombe


Die Geschichte der Atombombentests von den Anfängen bis zur Gegenwart
2017. 272 S. Fotos und Zeichnungen. 21.5 cm
Verlag/Jahr: OPEN HOUSE 2017
ISBN: 3-944122-34-8 (3944122348)
Neue ISBN: 978-3-944122-34-2 (9783944122342)

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Nirgendwo kommt man dem Geheimnis der Bombe so nahe, nirgendwo ist ihre faszinierende, unheimliche Wirkung so direkt erfahrbar wie auf atomaren Testgeländen.

Acht Nationen haben bis heute rund 2000 Nuklearsprengsätze zu Testzwecken gezündet. Diese Experimente werden hier auf eine ganz neue Weise erzählt: als nationenübergreifende Wissenschafts- und Technologiegeschichte, die auch die vernachlässigte Phase von den 1960er Jahren bis zur Gegenwart umfasst. Sven Hannes hat sich in akribischer und langjähriger Recherche zum unabhängigen Experten entwickelt, der mit souveräner Fachkenntnis, spannend und - man kann es zuerst kaum glauben - Humor eine plastische Vorstellung dieser exotischen Sphäre liefert.

Der atomare Rüstungswettlauf ist keine primäre Folge der Systemkonkurrenz zwischen Ost und West. Vielmehr wetteifern Rüstungslabore, Waffengattungen und Zulieferer um Anteile an einem gigantischen Markt und drehen die Spirale immer weiter. Genies werden früh von Technokraten verdrängt, die mit haarsträubender Sorglosigkeit ans Werk gehen. Der Variantenreichtum ihrer Versuche ist verblüffend, die Szenarien dahinter übertreffen düsterste Science-Fiction.

Der Mythos dieser verborgenen Welt wird in diesem Buch mit großer Sachkenntnis und erstaunlichem Witz unterhaltsam entzaubert.

"Auch heute werden Gefahren unter dem Vorwand,
sie verhindern zu wollen, erst erzeugt."
Der Mensch erweist sich als das schwächste Glied auf dem atomaren Schlachtfeld. Das zeigen Tests, in denen 55 kahlrasierte Schweine in maßgeschneiderte Uniformen gezwängt werden. Metallknöpfe, Gürtelschnallen, Armbanduhren und zum Beispiel auch militärische Ehrenabzeichen verwandeln sich im Atomkrieg in Wärmebrücken, die geeignet sind, die Hitzestrahlung durch alle Kleidungsschichten auf die Haut weiterzuleiten. Selbst die Farbe der Uniformen wird zum Problem, weil sie bei den gängigen Modellen zu dunkel ausfällt und zu viel Energie absorbiert.

Beim Test "Met" am 15. April 1955 werden Schaufensterpuppen auch mit sowjetischen und chinesischen Uniformen eingekleidet. Es wird bewiesen, dass der Gegner vor dem gleichen Problem steht: Die klassischen Tarnstoffe müssten idealerweise durch aluminiumbeschichtetes Latex ersetzt werden. Besonders gefährdet sind, wie eine andere Studie feststellt, Soldaten mit schwarzer Hautfarbe. Ihnen wird empfohlen, freiliegende Hautpartien mit einer speziellen Creme auf Fettbasis einzureiben, die bereits im Zweiten Weltkrieg für das Betankungspersonal von Flugzeugträgern entwickelt wurde. Erst nach einigen Jahren ergeben weitere Tests, dass die Paste zwar bei Treibstoffbränden einen gewissen Schutz bietet, durch den Hitzeimpuls von Atombomben aber spontan entzündet werden kann. Daraufhin wird eine geeignetere Rezeptur entwickelt, die ohne Fett auskommt.

Schwerer zu lösen ist das Problem der mentalen Belastungsgrenze. Bei den Manövern in der Wüste von Nevada zeigt sich bald, dass die gewaltige Detonation und der Anblick des aufsteigenden Feuerballs viele Soldaten in einen Zustand versetzt, der Zweifel an ihrer Einsatztauglichkeit aufwirft. Einige sind von dem Anblick so begeistert, dass sie sich nicht mehr von ihm losreißen können. Andere, nämlich die Mehrzahl, verfallen in eine apathische Schockstarre und trauen sich nicht mehr aus ihren Gräben. Zitternde Hände sind ein häufig zu beobachtendes, schon aus den Artillerie-Exzessen des Ersten Weltkrieges bekanntes Phänomen.

Und so wird erforscht, ob die betroffenen Soldaten noch in der Lage sind, ihre Gewehre zu reinigen, Minen zu entschärfen oder andere feinmotorische Aufgaben zu meistern. Die bedauernswerte "Task Force Big Bang", die für dieses Experiment abkommandiert wird, darf nicht einmal in Gräben Schutz suchen, sondern wird gezwungen, sich auf den blanken Wüstenboden zu legen. Zwischen ihnen und dem Bombenturm erstreckt sich nichts als 4.000 Meter geharkter Sand.