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Armin F. Bergmeier
Visionserwartung
Visualisierung und Präsenzerfahrung des Göttlichen in der Spätantike
2017. 344 S. 32 Tafeln. 24 cm
Verlag/Jahr: REICHERT 2017
ISBN: 3-9549011-7-X (395490117X)
Neue ISBN: 978-3-9549011-7-3 (9783954901173)
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Das Buch identifiziert das Interesse spätantiker Menschen an Visionen - die Visionserwartung - als wichtigen Motor für die kulturelle Produktion. Darin weist der Autor nach, wie göttliche Erscheinungen in visionärer Form halfen, durch ihren immateriellen und zeitlich begrenzten Charakter das alttestamentliche Repräsentationsverbot zu umgehen. Es wird dargelegt, wie Bilder und Räume die unsichtbare Präsenz des christlichen Gottes erfahrbar machten. Erst ein Wandel des Bildverständnisses am Ende der Spätantike ließ die Visionsdarstellungen als problematisch erscheinen und führte schließlich zu deren Niedergang.
Dieses Buch untersucht die Entstehung des Bildes Gottes in der Spätantike. Es reiht sich damit in eine Reihe wichtiger Publikationen Johannes Kollwitz´, Friedrich Gerkes, Frédéric van der Meers, Christa Ihms, Hans Beltings und Jean-Michel Spiesers ein. Erstmalig werden hier die kulturellen Hintergründe analysiert, die den Bildfindungsprozess bedingten. Die Lösung für die Frage, wie das alttestamentliche Darstellungsverbot befolgt werden und gleichzeitig die visuelle Annäherung an das Göttliche erreicht werden konnte, fanden die spätantiken Bildschöpfer in den Vorstellungen des Visionären, genauer in ephemeren göttlichen Visionen. Diese wurden in der christlichen Kultur der Spätantike derart dominant, dass man vom Phänomen der Visionserwartung sprechen kann.
In der Kunstgeschichte ist der immense Einfluss, den Visionen auf die Bildproduktion hatten bisher nicht erkannt worden, und die Fülle an motivisch zum Teil sehr unterschiedlichen visionären Bildern ist bisher nicht in gegenseitiger Abhängigkeit untersucht worden. Die Publikation führt verschiedene Strategien zur Sichtbarmachung des Göttlichen vor und legt dar, wie diese teilweise aus der antiken Bildsprache entwickelt wurden, teilweise innovative eigene Lösungen der spätantiken Bilderschöpfer darstellen (Teil II). Im Unterschied zum Großteil der frühen christlichen Bilder, die antike pagane Bildentwürfe modifizierten, waren die theophanischen Bildmotive, Bilder der Erscheinung des Göttlichen, oftmals Neuschöpfungen.
Schließlich wird der phänomenologische Aspekt der Bilder, die Erfahrung einer realen Vision, in Bezug auf Sakralräume und spätantike Konzepte der Begegnung mit dem Göttlichen untersucht (Teil III). Aus diesen phänomenologischen Überlegungen und gestützt auf die Analyse spätantiker Texte weist Bergmeiers Publikation nach, dass die untersuchten Darstellungen allesamt Bilder des Göttlichen in der Gegenwart sind. Die bisherige Forschung geht zumeist davon aus, dass die visionären Bilder ihre Motivik aus zukünftigen, endzeitlichen Vorstellungen speisen. Die eindeutige Zurückweisung solcher Lesarten wird die Erforschung der spätantiken Kunstgeschichte nachhaltig beeinflussen.
Das Buch geht über rein ikonographische Untersuchungen hinaus, indem es sich um die kulturgeschichtliche Einordnung des Phänomens göttlicher Visionen in der Spätantike bemüht und in interdisziplinärer Weise neben Bildquellen ausführlich auch Textquellen untersucht (Teil I). Bergmeier bezieht theologische, historische und religionswissenschaftliche Forschung ein und baut eine Brücke zwischen der Forschung zu antiken Götterbildnissen und der Erforschung der christlichen Kultur der Spätantike. Der interdisziplinäre Ansatz setzt wichtige Impulse für zukünftige Forschungen und wird unser Verständnis der spätantiken Kultur revolutionieren.
The book identifies the central role of the visions of God in late antique society, arguing that expectation of visions ("Visionserwartung") structured much of late antique life. The author demonstrates that through images and spaces, late antique people created encounters with the invisible Christian God. Due to their immaterial and temporary nature, these visions allowed late antique people to circumvent the Old Testament prohibition of images of God. It was only with a change in the understanding of images at the end of Late Antiquity that images of visions became problematic and their importance began to decline.