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Neuerscheinungen 2017

Stand: 2020-02-01
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Laura Huber

Kleines bisschen Leben


Mein Weg aus der Magersucht
2017. 160 S. 19 cm
Verlag/Jahr: KINZEL 2017
ISBN: 3-9554408-1-8 (3955440818)
Neue ISBN: 978-3-9554408-1-7 (9783955440817)

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Laura ist 15, als sie magersüchtig wird und schließlich in ambulante Therapie kommt. Im Herbst 2015 ist ihr Herz so geschwächt, dass sie für ein paar Tage in ein Krankenhaus muss. Dort merkt sie nach einigen Begegnungen, dass sie Ziele hat, die sie noch erleben will und für die sie kämpfen will. Nach ihrer Entlassung schafft sie es, langsam zuzunehmen und ihre Ziele zu erreichen. Trotz allen Schwierigkeiten und Rückschlägen steht sie immer wieder auf und kämpft für ihre Ziele.
1. Fallen
Winter, 2015
Das Einzige, was mir Halt gibt, ist das Hungern. Die Zahl auf der Waage, die immer kleiner wird. Die Knochen, die weiter vorstehen. Irgendwann habe ich die Kontrolle verloren und eine Stimme in mir ist mit jedem Tag lauter geworden. Als ich die 5 an erster Stelle auf der Waage nicht mehr sehe, fühle ich für einen Moment ein bisschen Erleichterung, dann sehe ich mich im Spiegel und fühle mich schrecklich dick. Ich esse mittlerweile nur noch ein kleines Müsli in der Früh, das fast nur aus Milch und ein paar vereinzelten Flocken besteht. Unter der Woche fällt mein Mittagessen aus, weil ich in der Schule nichts mehr esse. Abends esse ich nur noch ein bisschen Salat. Ich habe Angst vor den Wochenenden, wenn es zu Hause Mittagessen gibt. Wenn ich zum Mittagessen überhaupt an den Tisch komme, esse ich nur ein bisschen Suppe und gehe danach spazieren.
Es ist kalt, ich habe die Hände in meinen Jackentaschen und fühle meine Knochen. Die Schmerzen von damals sind noch da, aber ich habe nicht mehr die Kraft, sie richtig zu fühlen. Ich habe Halt. Wie eine Freundin, die gegen meinen Körper ist, aber mich und meine Seele trägt, wenn ich leicht genug bin.
Ich falle am Abend in mein Bett und fühle meine Knochen. Es tut weh, auf dem Bauch zu liegen, weil mein Hüftknochen heraussteht. Ich liege auf meinem knochigen Rücken und brauche eine Wärmflasche. Es ist so eisig kalt. Ich bin so schwach, dass ich mich nicht mehr umziehen kann. Ich liege nur da und denke, dass ich morgen nicht mehr aufwachen werde. Meine Knochen drücken im Liegen und mir ist eisig.
Beim Aufstehen ist mir sofort schwindelig. Ich stehe lange vor dem Spiegel, schaue mich an und erkenne mich nicht. Ich will mich nicht erkennen. Irgendwie fühle ich mich schrecklich dick und verloren vor dem Spiegel. Ich gehe ohne Frühstück aus dem Haus. In meine Tasche stecke ich einen Apfel und eine Flasche Wasser. Nur, damit meine Eltern mich gehen lassen. Für mich steht sowieso schon längst fest, dass ich nichts davon anrühren werde. Ich fühle mich schwach und die Kälte um mich ist schlimmer als sonst. Ausnahmsweise bekomme ich einen Sitzplatz im Bus und lehne meinen Kopf gegen die Scheibe. Ich bin so geschwächt, dass ich keine Angst mehr vor der Schule wahrnehmen kann. Sie ist da, aber sie erreicht mich nicht mehr. Im Englischunterricht sollen wir eine Gruppenarbeit vorstellen. Aber ich bin so schwach, dass ich sitzen bleibe, als meine Gruppe aufsteht. Alle drehen sich zu mir, aber ich bleibe sitzen und keiner sagt etwas. Jede Bewegung ist mir viel zu viel. Trotzdem gehe ich zu einem Gespräch mit Frau Winter, meiner Vertrauenslehrerin. Sie fragt, was ich heute schon gegessen und getrunken habe. Jeder hätte mich fragen können und ich hätte gelogen, ...
...
Ich zwinge mich immer noch, zu essen. Es schmeckt nicht und widert mich nur noch an. Ich wiege 50,3 kg und fühle mich so dick und fremd in mir. Ich hasse meinen Körper. Die Magersucht hätte mich so schwächen können, dass ich sterbe. Aber sie war wenigstens da für mich. Sie war meine Stütze, hat mir das gegeben, was mir niemand sonst geben konnte. Niemand war für mich da, bis die Magersucht mit mir davongeflogen ist. Jetzt verliere ich sie durch die Zunahmen. Die Zahl auf der Waage tut weh. Die Kontrolle beim Essen fehlt, die Kälte, Schwäche. Die Knochen stehen nicht mehr so weit raus. Ich verliere nicht nur sie, sondern auch mich selbst. Ich bin alleine, ohne Schutz, ohne Halt. Aber meinem Körper geht es besser. Das ist es, was alle anderen Menschen sehen wollen. Es ist egal, wie es meiner Seele dabei geht. Dass ich zerreiße. Dass ich verloren gehe. Magersucht ist für mich keine Krankheit. Sie ist das Netz, das stark genug ist, um mich zu fangen und zu halten. Aber solange die Zahl größer wird, sieht keiner, wie schwer das alles ist. Nur Frau Lego lächelt mich jede Woche an und sagt mir, dass sie stolz ist und dass ich meinen Zielen näher bin. Mittlerweile darf ich