buchspektrum Internet-Buchhandlung

Neuerscheinungen 2017

Stand: 2020-02-01
Schnellsuche
ISBN/Stichwort/Autor
Herderstraße 10
10625 Berlin
Tel.: 030 315 714 16
Fax 030 315 714 14
info@buchspektrum.de

Jessica Bangisa

Soziale Selektivität bei der Studienwahl. Strukturelle Rahmenbedingungen und Handlungsempfehlungen


2017. 84 S. 39 Abb. 220 mm
Verlag/Jahr: DIPLOMICA 2017
ISBN: 3-9614656-8-1 (3961465681)
Neue ISBN: 978-3-9614656-8-2 (9783961465682)

Preis und Lieferzeit: Bitte klicken


Das vorliegende Buch betrachtet Passungsprobleme am Übergang von der Schule in die Hochschule am Beispiel der Region Salzgitter. Anhand einer quantitativen Studie zum Berufs- und Studienwahlverhalten von Schülerinnen und Schülern wird analysiert, inwiefern sich Bildungsbeteiligung und Studierwahrscheinlichkeit nach elterlichem Bildungshintergrund unterscheidet.
Übergänge sind im deutschen Bildungssystem entscheidende Weichenstellungen für Bildungserfolg, Berufseinstieg und gesellschaftliche Teilhabe. Die Bewältigung von Bildungsübergängen hat somit einen maßgeblichen Einfluss auf die Bildungsbiografien junger Menschen. Im Zentrum dieses Buches steht die Frage, warum in Deutschland der Hochschulzugang nach wie vor stark von der sozialen Herkunft abhängt und welche Maßnahmen geeignet sind, diesem Trend entgegenzuwirken.
Die Erhebungsergebnisse werden in einen institutionellen Kontext eingebettet und Handlungsempfehlungen aufgezeigt.
Textprobe:
Kapitel 2.1 Wandel der Bildungschancen und herkunftsbedingter Ungleichheiten:
Trotz gestiegener Bildungsbeteiligung der Bevölkerung insgesamt, ist damit keine Verminderung ungleicher Bildungschancen nach sozialer Herkunft zu verzeichnen. "Es kam zwar zu einem deutlichen Niveaueffekt, also einer zunehmenden Bildungsbeteiligung in allen Sozialschichten und einer Höherqualifikation der Bevölkerung. Dieser hat allerdings nicht zu einer grundlegenden Veränderung der sozialen Struktur der Zugangschancen oder einem signifikanten Abbau von sozial ungleichen Bildungschancen geführt" (Merkel 2010, S. 9).
In den 1970er Jahren war die "katholische Arbeitertochter vom Lande" das Synonym für sogenannte "bildungsferne Schichten", die als "Begabungsreserve" für weiterführende Schulen und für ein Hochschulstudium gewonnen werden sollte. Die Ursachen für die Benachteiligung im Bildungswesen bezogen sich bis dahin auf soziale Herkunft, Geschlecht, Region und Konfession. Durch die Bildungsexpansion hat sich die Benachteiligung von Kindern auf dem Lande deutlich verringert. Insbesondere der Anteil von Mädchen und Frauen, die den Zugang zu höheren Bildungsabschlüssen finden, ist enorm angestiegen und übertrifft inzwischen sogar denjenigen ihrer männlichen Altersgenossen. Allerdings bleibt das von ihnen gewählte Fächer- und Berufsspektrum nach wie vor mehrheitlich von tradierten Geschlechterrollen bestimmt. Diese häufig weniger prestigeträchtigen Fachrichtungen und Berufe führen zu einem höheren Arbeitslosigkeitsrisiko und geringeren Karriere-, Verdienst und Zukunftsaussichten (vgl. Merkel, 2010, S. 36). "Beim Übergang in den Beruf sind Frauen - besonders hinsichtlich der Bezahlung - weiterhin benachteiligt. Der Vorteil von Frauen aus dem allgemeinen Bildungssystem verliert sich immer mehr und der Frauenanteil sinkt, je höher die Qualitätsstufe ist" (Merkel 2010, S. 36). Während junge Frauen, wie geschildert, schichtunabhängig die Gewinnerinnen der Bildungsexpansion sind, hat der Ausbau im Bildungssektor nicht zu einer qualitativen Chancengleichheit geführt. Stattdessen haben sich neue benachteiligte Gruppen gebildet. "Der Wandel der Chancenstruktur lässt sich wie folgt zuspitzen: Die Kumulation der mehrdimensionalen Benachteiligungen hat sich von der Arbeitertochter zum Migrantensohn aus bildungsschwachen Familien entwickelt" (Geißler 2005 in Berger 2013, S. 9). Jungen weisen im Geschlechtervergleich mittlerweile schlechtere Schulleistungen auf, werden doppelt so häufig bei der Einschulung zurück gestellt, fallen öfter durch Unterrichtsstörungen auf und fehlen häufiger im Unterricht (vgl. u.a. Sievert/Kröhnert 2015, Autorengruppe Bildungsberichterstattung 2016, Prenzel u.a. 2013).
Am Einfluss der sozialen Schicht auf die Bildungsteilhabe hat sich erstaunlich wenig verändert (vgl. Bertelsmann-Stiftung 2013). Michael Vester (in Dewe 2004) konstatiert, dass die Expansion im Bildungswesen nicht zu einer Verbesserung der Chancengleichheit geführt hat. Bei der von ihm als selektive Bildungsexpansion bezeichneten Entwicklung haben höhere Schichten am stärksten von der Ausweitung und Öffnung der Sekundarstufe II und des Hochschulwesens profitiert. "Die Bildungsexpansion hat die Bildungschancen aller Schichten verbessert, ohne gleichzeitig gravierende schichttypische Ungleichheiten zu beseitigen" (Geißler 2014, S. 286). Die sozialen Ungleichheiten bzw. Herkunftseffekte im Bildungswesen wirken sich negativ auf den Bildungserfolg aus, ziehen sich durch alle Lebensphasen und halten langfristig über den Lebensverlauf an (vgl. El-Mafaalani 2012, S.44).
Die verstärkte öffentliche Diskussion um das Thema Bildung, insbesondere im Zuge der Ergebnisse der internationalen Schulvergleiche, führte zu einer Zunahme ungleichheitsbezogener Bildungsforschung. Unter anderem gingen Baumert 2001, Ehmke u.a. in Prenzel 2004; Becker/Lauterbach 2010, Ehmke/Baumert in Prenzel 2007 der Frage nach, inwiefern schulischer Er