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Neuerscheinungen 2017

Stand: 2020-02-01
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Alcântara Lucênia

Histórias sombrias da realidade


Düstere Geschichten der Wirklichkeit
2017. 272 S. Illustrationen Jamile do Carmo www.jarte.de. 21 cm
Verlag/Jahr: GIRABRASIL 2017
ISBN: 3-9818617-1-X (398186171X)
Neue ISBN: 978-3-9818617-1-6 (9783981861716)

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Der Band Düstere Geschichten der Wirklichkeit ist eine Sammlung von kurzen Erzählungen, die die Ängste in der Moderne thematisieren. Das Buch richtet sich an Jugendliche und Erwachsene, die die Geschichten von Edgar Allan Poe schätzen, dem dieser Band eine Hommage sein will.
1. Erinnerungen an die Nacht im Tophet

Die Perversität ist einer der Grundtriebe des menschlichen Herzens.
Edgar Allan Poe

In der brasilianisch-israelitischen Synagoge in Mooca, SÆo Paulo, sprach der Rabbi vom Tophet, jenem Ort, in dem das Feuer nie erlischt, und wo die Unbeschnittenen und diejenigen, die die Gebote der Torah nicht befolgten, hinkämen. In der Bibliothek meines Großvaters Rudi, hatte ich bereits einige eindrucksvolle Bilder gesehen, die mir zu dieser Zeit Albträume bereiteten. In einem Buch namens Göttliche Komödie, das beileibe nicht lustig war und Menschen an einem Ort des Feuers zeigte, wo sie von kleinen schwarzen Männern mit bösen Gesichtern gequält wurden, die Gefallen daran fanden, Menschen zu quälen. Ich persönlich denke, dass nur diejenigen, die schon dort gewesen waren, den Tophet oder die Hölle beschreiben können. Der Rabbi war sicherlich dort nie gewesen. Ebenso wenig wie Dante Alighieri. Ich allerdings kann schon sagen, da ich schon dort gewesen bin, dass die Hölle kein See aus Feuer ist, sondern kalt wie eine neblige Nacht im Süden Brasiliens.

Im Jahr 1977 lebte ich mit meinem Vater und meiner Mutter in Porto Alegre. Wir zogen derart überstürzt aus SÆo Paulo um, dass ich mich nicht einmal von meinen Freunden in der Schule und meiner Lehrerin Hannah verabschieden konnte, die ich so gerne hatte. Hannah mochte mich ganz besonders, vielleicht weil sie sich mit meiner Mutter auf Deutsch unterhalten konnte und mir ein paar Worte aus der Sprache meiner Großeltern beibrachte.

Eines Nachts weckten mich meine Eltern unsanft. Sie hatten bereits die Koffer gepackt und brachten mich in den VW eines Mannes, der etwa so alt war wie meine Eltern, ein blaues Auge hatte und eine verletzte Hand, die das Lenkrad führte. An jeder Straßenecke, an die wir kamen, blickte er nervös in alle Richtungen. Als ich schließlich aufwachte, waren wir in Porto Alegre, wo uns eine Frau mit einem ausländischen Akzent unser neues Haus zeigte. Später erfuhr ich, dass sie Chilenin war.