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Neuerscheinungen 2018

Stand: 2020-02-01
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Mila Slangen

Bindungsstörungen und unsichere Bindungsmuster. Chancen und Grenzen der stationären Jugendhilfe


2018. 100 S. 9 Abb. 220 mm
Verlag/Jahr: DIPLOMICA 2018
ISBN: 3-9614666-1-0 (3961466610)
Neue ISBN: 978-3-9614666-1-0 (9783961466610)

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Die in stationären Heimeinrichtungen wohnhaften Kinder und Jugendlichen sind in vielerlei Hinsicht durch chronisch traumatische und belastende Ereignisse innerfamiliärer Qualität geprägt, was letztendlich auch den Grund der stationären Unterbringung symbolisiert. Neben Missbrauchs- oder Vernachlässigungserfahrungen, familiären Konflikten und Trennungen, haben diese Kinder und Jugendlichen in den wenigsten Fällen eine zuverlässige, feinfühlige, transparente und verlässliche Bindungsperson erlebt. Aus der Dynamik traumatischer und angsterregender Ereignisse sowie des fehlenden sicheren Hafens entwickeln sie unsichere bzw. hochunsichere Bindungsmuster, wenn nicht sogar eine Bindungsstörung.
Die stationäre Jugendhilfe verfolgt das Ziel der Vermittlung korrektiver Bindungserfahrungen, jedoch stehen die Chancen und Erfolgsaussichten im Schatten der zu bewältigenden Grenzen und Herausforderungen.
Textprobe:
Kapitel 4: Aktueller Stand der Bindungsforschung in Verbindung mit Heimerziehung:
Auf die Verbindung der Heimerziehung mit dem bindungstheoretischen Kenntnissen sind auch Bindungsforscher, wie Roland Schleiffer, Katja Nowacki oder Helmut Johnson aufmerksam geworden. Ihre Erkenntnisse und Beiträge sollen im Folgenden näher beleuchtet werden, um die theorielastigen Erläuterungen, sowie auch das im Rahmen der Bachelorarbeit gestellte Problem zu konkretisieren.
4.1: Bindungsmuster und -repräsentationen von Kindern und Jugendlichen in der Heimerziehung:
Im Jahre 2001 veröffentlichte Roland Schleiffer, ein Facharzt für Kinder- und Jugendpsychiatrie, sowie für Psychotherapeutische Medizin und Professor für Psychotherapie und Psychiatrie, welcher an der Universität zu Köln lehrt eine Studie zum Thema Bindungsrepräsentation bei Kindern, welche im Rahmen einer stationären Maßnahme in einer Heimeinrichtung untergebracht worden sind. Ziel dieser Studie war es die Bindungsrepräsentationen der Jugendliche, die in einem Heim der öffentlichen Erziehungshilfe leben zu erfassen, wie auch Zusammenhänge zwischen den jeweiligen Bindungskonzepten und einzelnen Persönlichkeitsmerkmalen herzustellen (Schleiffer 2014: 101).
Die Untersuchung wurde in einem gut etablierten Kinder- und Jugendheim durchgeführt. Das Kinder- und Jugendheim beherbergt drei Familiengruppen mit jeweils alters- und geschlechtsheterogenen Gruppen von ca. neun bis zehn Kindern und Jugendlichen in einem familiär gestalteten und abgegrenzten Umfeld. Neben den Familiengruppen hat eine heilpädagogische Gruppe für verhaltensaufällige Kinder und Jugendliche Bestand, sowie eine sonderpädagogische Gruppe für Kinder und Jugendliche die als lernbehindert gelten. Zu dem stationären Angebot der Heimeinrichtung gehört ebenfalls eine Außenwohngruppe, welche ihren Schwerpunkt auf der Betreuung von jungen Müttern "in besonderen Notlagen" ausgerichtet hat. Hier wohnen die Mütter zusammen mit ihren Kindern und werden entsprechend dem Bedarf von den ErzieherInnen und SozialarbeiterInnen betreut und begleitet.
Insgesamt nahmen 39 Jungen und 33 Mädchen an der Studie teil. Das Alter variierte dabei von 12 bis 23 Jahre, das Durchschnittsalter betrug 16 Jahre (Schleiffer 2014: 104). Die Gründe für die stationäre Unterbringung der Kinder und Jugendlichen wurde den Akten entnommen, bzw. in persönlichen Gesprächen mit der Heimleitung in Erfahrung gebracht. In über 80 % der Fälle wurde die stationäre Unterbringung durch Vernachlässigung und Misshandlung im elterlichen Haushalt begründet. 10 % Prozent der Fälle lässt auf eine Überforderung der Kindeseltern schließen. Vier der untersuchten Jugendlichen sind auf Grund von Krieg aus ihren Heimatländern vertrieben worden. Bei dreiviertel der Jugendlichen lebten die Eltern getrennt. 14 der Jugendlichen mussten die Trennung von den Eltern oder einer wichtigen Bezugsperson durch einen Todesfall erfahren. Insgesamt lässt sich sagen, dass es sich bei den untersuchten Kindern und Jugendlichen um eine "typische Heimpopulation" handelt. Eine stationäre Unterbringung wird lediglich dann in Anbetracht gezogen, wenn ambulante Maßnahmen keine Erfolge zeigen und die Kindeseltern in ihrer Erziehungsunfähigkeit so fortgeschritten sind, dass ein weiterer Aufenthalt bei den Kindeseltern kindeswohlgefährdend wäre (Schleiffer 2014: 104 ff.).
Die Studie untersuchte unter anderem die psychopathologischen Auffälligkeiten, sowie die Bindungsorganisation bei Jugendlichen.
Zur Erfassung der Persönlichkeitsmerkmale der Jugendlichen, sowie der Herstellung von Zusammenhängen mit psychischen Auffälligkeiten wurde der Offer-Selbstbildfragebogen, sowie die Child Behavior Checklist zur Befragung der BetreuerInnen verwendet. Diese wurden gebeten einen Fragebogen über das Verhalten der Jugendlichen auszufüllen, welcher eigentlich für die jeweiligen Eltern konzipiert ist, mit dem Ziel eine externe Einschätzung zu erhalt