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Susanne Gretter, Klaudia Ruschkowski (Beteiligte)

Wolken über Spanien


Eine Reise vor Ausbruch des Bürgerkriegs
Herausgegeben von Gretter, Susanne; Übersetzung: Ruschkowski, Klaudia
1. Auflage. 2019. 212 S. 215 mm
Verlag/Jahr: EDITION ERDMANN 2019
ISBN: 3-7374-0049-0 (3737400490)
Neue ISBN: 978-3-7374-0049-7 (9783737400497)

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Alles begann 1922, als die Irin Kate O´Brien nach Abschluss ihres Literaturstudiums nach Spanien reiste und in Burgos die Stelle einer Hauslehrerin antrat. Immer wieder ist sie in den Jahren danach zurückgekehrt. Die Reise, von der sie in Wolken über Spanien berichtet, hat sie 1935 unternommen, kurz vor Ausbruch des Bürgerkriegs. Noch einmal fährt sie durch das geliebte Land, besichtigt die Kathedralen von Burgos und Toledo. Mäandert durch Museen und archiviert im Kopf die unermesslich großen Kunstschätze. Flaniert auf den gotischen Ramblas von Avila, lässt sich überwältigen von der wilden Küste Asturiens. Nimmt Platz in den Restaurants von Santander, wo die schönsten Meeresfrüchte, der beste Wein serviert werden. Erfreut sich bei Überlandfahrten an der Landschaft, um sich gleichzeitig zurück nach Madrid zu sehnen, dorthin, wo es Zeitungen gibt, Buchläden und aufregende Cafés. Es ist ein heiteres, lebendiges Spanien, das sie porträtiert. Aber als sie ihren Bericht 1936 niederschreibt, hat sich ein Schatten über das Land gelegt: "Während ich dies schreibe, brennt Irún ..." Und so wird der Reisebericht der Feministin und Kommunistin, die entschieden Position für die Republikaner bezieht und mit ihrer Kritik an Franco nicht hinter dem Berg hält, ein Buch der Erinnerung, eine Liebeserklärung an das Land, auf das die heraufziehenden Wolken des Bürgerkriegs ihren Schatten werfen.
Gelegenheiten zur Hemmungslosigkeit sind selten, da können Moralisten sagen, was sie wollen; und wenn die Verfasserin ihre eigenen Erinnerungen an Spanien als eine solche verstehen möchte, muss sie vielleicht riskieren, von anderen als eine Art Nero betrachtet zu werden. Ich schreibe wirklich ungeniert als Eskapistin von dem, was entschwindet und mir noch halbwegs in Erinnerung ist. Für Voraussagen bringe ich kein Talent und wenig Neugier mit. Aber Tod und Abschied fesseln mich, wie auch die hellsten Hoffnungen der Menschheit es nie vermocht haben. Während also das europäische Chiaroscuro, in dem wir alle aufgewachsen sind, zum Blackout wird und seinen in die Länge gezogenen Selbstmord hinnimmt, während das Schicksal Übermut zum Schweigen bringt und den mutigen Entschluss sich anzusehen, was der morgige Tage an Zerreißproben bereit hält, schaue ich noch zurück, ganz hemmungslos. Das Morgenlicht, selbst wenn einige von uns es erleben, selbst wenn es freundlich scheint, wird hart sein; wenn überhaupt etwas dran ist an menschlichem Versprechen, an politischem Kampf, wird es gleichförmig und monoton sein. Wonach die verrückt gemachte Welt jetzt trachten muss ist die Gerechtigkeit einer anständigen Gleichförmigkeit. Wie unmöglich das scheint, wenn man es hinschreibt, und wie elementar notwendig! Dass es nach unserer Sintflut so kommen möge, muss unsere zentrale Hoffnung für die Nachwelt sein, wie unklar, wie zweifelhaft auch immer. Wenn aber einige von uns nicht das persönliche Verlangen aufbringen können, es so zu sehen, sollte diese Schwäche verständlich sein.

Lasst die fiedeln, die nichts anderes tun können. Und da das individuelle Leben weitergeht, wie sehr auch die Dunkelheit zunimmt, da Gesichter und Erinnerungen nach wie vor wichtig sind, da es noch Wein zu trinken gibt und die nächste Zigarette ein zwingendes Vergnügen bleibt, werden wir, wenn wir gesund sind, unseren immer gleichen kleinen Marotten nachgehen, werden essen und trinken (wenn wir die Mittel dazu haben), werden stricken, Schreibmaschine schreiben, Bilder machen und Geld und Liebe. Denn wir haben nichts davon, diese schreckliche Gegenwart, die uns bestimmt ist, zu durchleben, wenn wir unseren durchaus egoistischen Mut verlieren, weiter wir selbst zu bleiben. Indem ich also den meinen beschwöre, schreibe ich zu meinem eigenen Trost, in einem Stil, der während der letzten zweihundert Jahre überstrapaziert worden ist - aber möglicherweise als eine der letzten, die ihn verwendet, und vielleicht resultiert aus dieser Wahrscheinlichkeit eine besondere Befriedigung. Ich schreibe als sentimentale Reisende über ein Land, das lange schon unter solchen Reisenden leidet. Doch Spanien muss den letzten Nachzüglern unter seinen fremden Liebhabern verzeihen wie es den ersten verziehen und sich zu ihnen herabgelassen hat. Es wird keine sentimentalen Reisenden mehr geben - nirgends.