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Neuerscheinungen 2019

Stand: 2020-02-01
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Wolfgang Licht

Ihre Hand berührte mich leicht


2019. 144 S. 210 x 140 mm
Verlag/Jahr: TAUCHAER VERLAG 2019
ISBN: 3-89772-313-1 (3897723131)
Neue ISBN: 978-3-89772-313-9 (9783897723139)

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Ich wusste, sie billigte meine Abreise nicht. In der Nacht hatten wir noch einmal gegeneinander geredet, obwohl die Sache bereits entschieden war. - Du kannst die Lithographien nur machen, wenn du in L. wohnst? - fragte sie schließlich, das Gesicht zur Wand gedreht. Ich fasste ihren Kopf, versuchte, ihren Blick zu gewinnen - versteh doch, - sagte ich sanft, ungeduldig. Es ging nicht um sachliche Gründe. Susanne wusste, wie wichtig meine Arbeit in L. für mich war. Sie beunruhigte die Entfernung, die zwischen uns liegen würde, besorgte eine Fremdheit, die grundlos manchmal zwischen uns aufkam, könnte sich verstärken. Ich war satt, legte das Messer weg, Susanne hatte nur aufgeblickt, um mir zuzureichen. Sie beobachtete mich verstohlen. Jetzt stand sie auf, nahm das Tablett. Fältchen, die ihren Mund wie eine Klammer umschlossen hatten, glätteten sich. Ich sagte etwas, worüber sie lachen musste. Mitunter machten sie Gefühle hilflos. Sie verbarg es runter kühler, äußerer Zurückhaltung, die mich rührte. Ich zog sie an mich. Sie widerstrebte nachgebend. Ich ging ungern. Es gab Augenblicke, da ich unschlüssig war; mir vorwarf, andere Lösungen nicht genügend bedacht zu haben. Zeit abzuwägen, ist bemessen. Selbsttreue verlangt, eine Sache durchzustehen, auch wenn es mehr kostet, als es sollte. Susanne nahm von ihrem Schreibtisch Pauls Karte, auf der er seine neue Anschrift mitteilte. Die hätte ich vergessen. Ich bedankte mich, besah die Bildseite, sagte - schöne Landschaft - und - wie er das geschafft hat - und steckte sie ein. Ich fand nichts mehr, was ich hätte mitnehmen müssen, schloss schließlich den Koffer. Susanne hatte mir beim Packen zugesehen, fragte jetzt Kennst du Barbara B.? - Nein Paul soll bei ihr aus- und eingehen, neuerdings - Ich sagte, ich wüsste davon nichts. - Wenn sie so schön ist, wie man sagt, verliebt Paul sich bestimmt in sie ich glaube nicht, dass ein Gesicht allein ihn fesselt. Ich fühlte mich etwas getroffen - aber es veranlasst - fuhr sie fort: Es sind Pauls Worte: alle erwünschten Eigenschaften finde man selten beisammen, er ziehe sich deshalb Schönheit vor, von der er nicht enttäuscht werden könne. Bis sie hin ist, sagte ich, - das ist doch nicht ernst zu nehmen. was kann man bei euch überhaupt ernst nehmen, - sagte sie leise. Ich schwieg, ergriff meinen Koffer. Sie öffnete die Tür, wartete. Als ich an ihr vorbeiging, küsste sie mich leicht und rasch. Vor dem Auto stehend hielt ich ihre schmale, lebendige Hand. Vor Abschied war ich beklommen, gleichzeitig aufgeregt, erwartungsvoll. Ich hätte sie gern umfasst, unterließ es aber angesichts einer Straßenfront, die so viel Zungen wie Fenster hatte. Ich war im Begriff, die Wagentür zu öffnen, als Susanne mir etwas in die Hand schob. - Ein Schlüssel - Verlier ihn nicht, - sagte sie verlegen. Auf der Treppe drehte sie sich um, wartete auf meine Abfahrt. Um ihre schmale Schulter lag eine Stola, die sie unter dem Kinn zusammenhielt.